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Nach Reaktorstörfall rollen Köpfe

28. Mai 2003

- Fünf Manager des ungarischen Kernkraftwerks Paks entlassen

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Budapest, 26.5.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch

In der vergangenen Woche wurden mehrere Manager des Atomkraftwerks Paks wegen des schweren Störfalls am 10. April entlassen. Die fünf Betroffenen, unter anderem der technische Direktor und der Sicherheitsdirektor, wurden dafür verantwortlich gemacht, dass das mit der Reinigung der Brennelemente beauftragte französische Unternehmen Framatome unachtsam war. Wirtschaftsminister István Csillag bat inzwischen die Internationale Atomenergiebehörde um eine Untersuchung des Vorfalls.

"Der von uns zusammengestellte dreiköpfige Ausschuss hat nicht die Verantwortung der französischen Firma oder von Dritten untersucht", betonte Kraftwerks-Generaldirektor István Kocsis auf einer Pressekonferenz. "Wir haben ausschließlich die Verantwortung unserer eigenen Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Reinigung der Brennelemente überprüft." Das Ergebnis: Die fünf entlassenen Manager seien zwar nicht persönlich für den schwerwiegenden Störfall verantwortlich. Sie hätten es aber unterlassen, die nationale Atombehörde über die bestehenden Probleme zu informieren. "Nach unserer Meinung ist eindeutig Framatome für den Störfall zur Verantwortung zu ziehen", so der Direktor. (...)

Die Umweltschutzorganisation Energia Klub bezeichnete die Entlassung der fünf Manager indessen als Aktionismus, der von den Fakten ablenken soll. So sei beispielsweise noch immer nicht bekannt, wie viele Menschen sich zum Zeitpunkt des Störfalls in der Reaktorhalle befunden hätten und wie hoch ihr Verstrahlungsgrad sei, warum es keinen Filter im Lüftungssystem gegeben habe und die radioaktiven Gase frei über den Schornstein ausgestoßen werden konnten. Die Regierung habe bereits 1997 das Atomkraftwerk zum Einbau der Filter verpflichtet. "Das Kernkraftwerk ist somit sechs Jahre lang gesetzwidrig betrieben worden", konstatieren die Umweltschützer.

Der Störfall, bei dem radioaktives Gas aus den Brennstabbehältern ausgetreten war, war zuerst mit Stufe zwei auf der siebenstufigen internationalen nuklearen Ereignisskala bewertet worden. Eine Woche später stellte sich indessen heraus, dass die Mehrheit der 30 Brennelemente schwer beschädigt ist.

Der Störfall wurde auf Stufe vier hochkorrigiert. Dank der getroffenen Maßnahmen sei die Strahlung im Reaktorblock inzwischen kontinuierlich gesunken. Bis heute, anderthalb Monate nach dem Störfall, steht allerdings noch nicht fest, wie die beschädigten Brennelemente aus dem Reaktor zu bergen sind. Jetzt sollen in einem ersten Schritt Videoaufnahmen zur Lokalisierung der Brennelemente gemacht werden. Ebenfalls nicht entschieden wurde bislang über die weitere Lagerung der Brennelemente. (fp)