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Politik

Nachbarn kämpfen gegen die Maut

Barbara Wesel
25. Januar 2017

Wie konnte die EU Kommission dem sogenannten Maut-Kompromiss zustimmen? Die Nachbarländer halten Deutschlands Maut weiter für europarechtswidrig – und wollen klagen. Allen voran Österreich.

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Deutschland Cottbus Schild LKW Maut
Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Wer führt die Anti-Maut-Allianz?

Der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried hat sich zum Anführer der Nachbarländer gegen die Maut erklärt. "Gilt in Europa noch die Stärke des Rechts, oder gilt das Recht des Stärkeren?", fragt der SPÖ-Politiker aus Wien in Brüssel rhetorisch. Er hat einen Brief an die zuständige Verkehrskommissarin Violeta Bulc geschrieben, in dem er die geänderte und mit Brüssel abgestimmte Regelung weiter als diskriminierend gegenüber EU-Ausländern kritisiert. Im Europaparlament wird einen überfraktionelle Attacke geplant, bei der alle Anrainerländer, darunter die Niederlande, Belgien, Frankreich und Luxemburg, beteiligt sein sollen. Das Treffen soll im Februar stattfinden.

Was sind die Argumente gegen die Maut?

Im Mittelpunkt steht weiter die Diskriminierung von EU-Ausländern. Die Maut stelle weiterhin eine indirekte Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar, und verstoße damit gegen den Gleichheitsgrundsatz der EU-Verträge, argumentiert Leichtfried. Nur sie würden von der Mehrbelastung betroffen, während deutsche Fahrer durch Anrechnung der KFZ-Steuer völlig davon entlastet werden sollen.

Brüssel EU-Kommission Entscheidung zu Maut in Deutschland - Bulc & Dobrindt
Nachbarländer stellen die Einigung zwischen EU-Kommissarin Bulc und Verkehrsminister Dobrindt in FrageBild: picture-alliance/dpa/S. LeCocq

Kritisiert wird auch die geplante Staffelung der Kurzzeitvignette: Sie sei im Verhältnis zur Jahresvignette unverhältnismäßig teuer. Und schließlich sieht der österreichische Verkehrsminister auch in der Kontrolle der Mautregelung noch eine Benachteiligung ausländischer Fahrer: Nur sie, keinesfalls aber deutsche PKW, würden darauf kontrolliert, ob sie die richtige Vignette erworben hätten. Ähnliche Probleme würden auch für ausländische Verkehrsunternehmen entstehen, vor allem Veranstalter von Busreisen.

Welche anderen Länder erheben Gebühren?

Österreich macht deutlich, dass natürlich jedes Land in Europa das Recht habe, eine Gebühr für die Straßennutzung einzuführen. Aber die müsse eben für alle gleichermaßen gelten: So kostet die Jahresvignette auf österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen 85,70 Euro im Jahr, für 10 Tage nur 8,80 Euro. Auch Tschechien erhebt ähnliche Gebühren. Streckenabhängige Autobahngebühren dagegen gibt es in Frankreich, Ungarn, Italien und teilweise in Polen.

Deutschland Schäuble gibt die Ergebnisse der Steuerschätzung bekannt
Für Bundesfinanzminister Schäuble muss die Maut sich lohnen und Mehreinnahmen bringen Bild: picture alliance/dpa/R. Jensen

Kostenlos fährt man weiter etwa in Luxemburg, Belgien und den Niederlanden. Dort sind nur bestimmte Brücken und Tunnels gebührenpflichtig. Ähnliches gilt in Dänemark. In allen Ländern aber werden die Regelung einheitlich angewendet: einheimische und ausländische Autofahrer werden gleichermaßen zur Kasse gebeten.

Warum hat die EU-Kommission hier einen Kompromiss geschlossen? 

Die Kommission hatte zunächst ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die deutschen Mautpläne eröffnet. Im November dann allerdings kam es plötzlich zu einer sogenannten Kompromissvereinbarung mit Verkehrsminister Dobrindt, wonach der seine Pläne anpassen würde, um den Vorwurf der Diskriminierung auszuräumen. Die Gegner der deutschen Pläne glauben, dass nicht die politisch machtlose Verkehrskommissarin, sondern das Büro von Kommissionschef Juncker selbst an dem Entgegenkommen für die Bundesregierung beteiligt war, wie der Verkehrspolitiker der Grünen im EP Michael Cramer vermutet. Und Sozialdemokrat Ismail Ertug fordert die Kommission auf, statt solcher zweifelhafter Einzelregelungen lieber einheitliche Leitlinien für alle EU Länder vorzulegen, wie Straßengebühren zu regeln seien.

Nächste Station EuGH?

Wenn die politische Initiativen den deutschen Verkehrsminister nicht von seinen Plänen abbringen, ist eine Klage von Nachbarländern vor dem EuGH wahrscheinlich. Der österreichische Verkehrsminister will hier voran gehen, wobei im Grunde jeder EU-Ausländer aus einem Nachbarland klageberechtigt sein kann, der sich durch die neue deutsche Mautregelung diskriminiert fühlt. Bereits in den 90er Jahren hatte der Europäische Gerichtshof das Diskriminierungsverbot angesichts einer damals geplanten LKW-Maut bestätigt.  Es ist zu erwarten, dass diese Grundsätze auch heute aufrecht erhalten würden, wenn es um die Fahrer von PKW geht.