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Nachhilfe im Umgang mit Geld

Rachel Gessat26. Juli 2012

Um Schülern Basiswissen in Finanzfragen und im täglichen Umgang mit Geld zu vermitteln, holen Lehrer externe Berater in den Unterricht. Doch geht es den Banken und Unternehmen nur um die Weitergabe von Wissen?

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Matheaufgaben und ein überforderter Jugendlicher. Foto: Fotalia
Bild: Fotolia

Jugendliche in Deutschland wissen wenig über Wirtschaft- und Finanzthemen. Jeder Zweite gab in einer Umfrage des deutschen Bankenverbandes an,  sich in Finanzfragen nicht gut auszukennen. Aber auch der alltägliche Umgang mit Geld fällt vielen schwer. Verbraucherzentralen berichten über eine steigende Anzahl von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich verschulden. Handyverträge oder das Shoppen im Internet - wer da nicht rechnen kann, wird leicht um sein Geld geprellt oder gerät in Schulden. Der jährlich erstellte "Schuldneratlas" der Wirtschaftsauskunftei Creditreform belegt: Die Zahl der jungen Schuldner unter 30 Jahren wächst und liegt inzwischen bei über 25 Prozent.

Fit machen für den Umgang mit Geld

Der Düsseldorfer Verein Geldlehrer Deutschland e.V. hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, "Schulen bei der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen zu finanzieller Bildung praxisnah zu unterstützen". 

Sechs Häufchen Münzen, auf denen das Wort Zinsen steht Foto: picture-alliance/Ernst Weingar
Wieviel Zinsen muss ich für einen Kredit zahlen?Bild: picture-alliance/Ernst Weingar

Grischa Schulz, selber Unternehmensberater und im Vorstand des Vereins, vermittelt den Jugendlichen wirtschaftliches Grundwissen: "Was ist eigentlich eine Versicherung, und wann bin ich überversichert? Ist der Handyvertrag gut oder ist er zu teuer? Was ist ein Ratenkredit, was eine Aktie?"

Denn praxisbezogene Finanzmathematik - daran scheiterten oft viele Erwachsene, sagt Grischa Schulz der DW.  Ziel sei, dass die Schüler am Ende selbstständig Sparpläne berechnen und Finanzprodukte überprüfen können.

Für 22 bis 40 Stunden, verteilt auf ein Schuljahr, kommen die Geldlehrer in den Unterricht an weiterführenden Schulen. Dass auch Unternehmen in die Schulen gehen, sieht Schulz dagegen eher kritisch: "Schule ist ein geschützter Raum, und so soll es auch bleiben. Dort haben Wirtschaftsunternehmen grundsätzlich nichts zu suchen, weil wir sonst schnell in den Bereich Wirtschaftslobbying hereinkommen."

Finanzielle Allgemeinbildung durch Sparkassen und Banken

Doch dass Kreditinstitute oder Banken in Schulen gehen, ist Praxis. Die Sparkassen tun dies schon seit 1975. Damals wurde der Sparkassen-SchulService gegründet. Die Sparkassen bieten den Schulen Broschüren, Tafelbilder und Filme an, die im Unterricht eingesetzt werden können. Sparkassen-Mitarbeiter kommen auf Wunsch auch als Referenten in den Unterricht. Auch die Deutsche Bank engagiert sich seit Jahren in Sachen "Finanzielle Allgemeinbildung".

Die Deutsche Bank in Frankfurt am MainFoto: dpa
Auch die Deutsche Bank schickt Experten in den UnterrichtBild: picture-alliance/dpa

"Es ist ein bundesweites Projekt, jede zweite Filiale ist da engagiert. Wir haben rund 1300 Kollegen, die zwei- bis dreimal im Jahr für eine Doppelstunde in die Schulen gehen", erläutert die Pressesprecherin der Deutschen Bank, Evelyn Koch, die Initiative im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Auch hier geht es um Fragen des alltäglichen Umgangs mit Geld, um Grundbegriffe aus dem Finanzwesen wie Kredite, Währungen oder Aktien. In den höheren Klassen werden dann auch Wirtschaftskreisläufe, Bankensysteme oder das globale Finanzsystem besprochen. Die Referenten machten dabei keinen Frontalunterricht, sondern suchten - vor allem in den höheren Klassen – das offene Gespräch mit den Schülern, erzählt Evelyn Koch der DW: "Dass kritische Fragen kommen, ist klar. Es gab sicher in den Anfangsjahren der Finanzkrise auch Reputationsprobleme, die aber immer am besten zu klären sind, indem man darüber redet. Das ist das Beste, um Vertrauen wieder zu gewinnen und Wissen darüber zu vermitteln."

Experten sollen nicht den Lehrer ersetzen

Ob Banken, Versicherungen oder Unternehmensberater die Richtigen sind, wenn es um neutrale Wissensvermittlung geht, bezweifeln Kritiker. "Bildungslobbying" nennt Elke Salzmann vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in der Wochenzeitung "Die Zeit" den Einsatz von Bankern oder Unternehmensberatern in Schulen. 

Ein Kunde füllt einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung aus Foto: dpa (Jörg Carstensen)
Beim Abschluss einer Versicherung sollte man gut nachrechnenBild: picture-alliance/dpa

Klar ist: Ein Vertreter der Deutschen Bank, der über das globale Finanzsystem redet, wird eine andere Perspektive haben und vermitteln als Globalisierungskritiker der Organisation Attac.

Michael Schuhen vom Zentrum für Ökonomische Bildung an der Universität Siegen hält die Einbeziehung von Finanzexperten in den Unterreicht an sich für eine gute Idee. Die Externen sollten dabei aber nicht den Lehrer ersetzen, so Schulz zur DW. Gerade bei komplexen Themen sei eine gute Vorbereitung der Schüler durch den Lehrer nötig: "Wenn ich mir einen Experten der Deutschen Bank einlade, sollte ich parallel etwas von Attac gelesen und vorbereitet haben, sodass eine schöne Diskussion entsteht."