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Nachwehen des Gasstreits – nicht nur in der Ukraine

19. Januar 2006

Nach der Einigung auf höhere Preise für russisches Erdgas sorgen sich betroffene Länder um wirtschaftliche Auswirkungen – dazu zählt neben der Ukraine Armenien. Auch beim Militär gibt es Streit zwischen Moskau und Kiew.

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Gasstreit mit Langzeit-FolgenBild: AP

Zwischen der Ukraine und Russland ist ein Streit um die Nutzung von Leuchttürmen, Radaranlagen und anderen Navigationsobjekten an der Küste des Schwarzen Meeres entbrannt. Kiew bestreitet, dass diese Objekte der russischen Schwarzmeerflotte gehören. Moskau behauptet, seine Militärs hätten laut Vertrag über die Stationierung der Schwarzmeerflotte auf ukrainischem Territorium das Recht, jene Objekte zu nutzen. Deswegen sei die Weigerung der ukrainischen Seite, russischen Militärs Zugang zum Jalta-Leuchtturm zu gewähren, als Besetzung zu sehen.

Besteht Schießbefehl?

Am 17. Januar wurden in der Ukraine Meldungen russischer Nachrichtenagenturen breit diskutiert, die gemeldet hatten, der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow habe angeblich bestätigt, dass die für die Bewachung von Objekten der Schwarzmeerflotte zuständigen Kräfte angewiesen seien, gegen Störenfriede das Feuer zu eröffnen. In Berichten lokaler Fernsehsender war aber zu sehen, wie ukrainische Studenten, die einen der Leuchttürme aufsuchten, sich mit den russischen Militärs unterhielten, ohne dass ein Schuss fiel. Einer der Militärs sagte zu den Studenten: „Betreten verboten! Sie sind gesetzwidrig auf das Territorium unserer Einheit eingedrungen. Verlassen Sie das Gebiet!“

Streit um Inventarisierung

Unterdessen erklärte der ukrainische Verteidigungsminister Anatolij Hryzenko gegenüber der ukrainischen Presse, ein bewaffneter Konflikt zwischen russischen und ukrainischen Militärs auf der Krim sei auszuschließen. Ihm zufolge käme das sowohl für die Ukraine als auch für Russland, aber auch für ganz Europa einem Todesurteil gleich. Der Minister sprach sich für eine Inventarisierung des ukrainischen Eigentums aus, das von der russischen Schwarzmeerflotte genutzt werde. Nach einer Übergangszeit von „brüderlichen zu marktwirtschaftlichen Beziehungen“, wie der Minister sagte, werde die Pacht für ukrainische Objekte um ein Vielfaches steigen. Zuvor hatte das Kommando der Flotte mitgeteilt, es werde eine Inventarisierung der Schwarzmeerflotte nicht zulassen.

Warnung aus Kiew

Der stellvertretende ukrainische Außenminister Wolodymyr Ohrysko teilte am 17. Januar mit, Kiew habe an das russische Außenministerium eine Note gerichtet, in der die Ukraine die Bildung einer Inventarisierungs-Kommission ankündige. Er betonte: „Wir gehen davon aus, dass daran auch die russische Seite interessiert ist und dass die ukrainischen Spezialisten bei deren Arbeit nicht behindert werden.“ Andernfalls stelle dies einen klaren Verstoß der russischen Seite gegen übernommene Verpflichtungen dar, unterstrich der ukrainische stellvertretende Außenminister. Ohrysko sagte, es bestehe keine Rechtsgrundlage für die Behauptung, die Leuchttürme gehörten Russland. Ihm zufolge soll ferner geprüft werden, ob es rechtens ist, dass russische Militärs Waffen tragen und sich auf ukrainischem Territorium bewegen.

Probleme in der Meerenge von Kertsch

In einer weiteren Note des ukrainischen Außenministeriums an die russische Seite wird gefordert, unverzüglich die nicht genehmigten Arbeiten in der Meerenge von Kertsch einzustellen. Ohrysko sagte, eine russische Brigade dringe bereits seit zwei Wochen von Zeit zu Zeit auf ukrainische Hoheitsgewässer vor, was eine Verletzung der Souveränität der Ukraine darstelle.

Anti-russische Psychose?

Die Führerin des linksradikalen pro-russischen Bündnisses Volksposition, Natalija Witrenko, warf der ukrainischen Staatsmacht anti-russische Stimmungsmache vor: „Sie wollen eine anti-russische Psychose entfesseln. Das ist deren Aufgabe. Ich bin überzeugt, dass dies vom Westen unterstützt wird.“ Die ukrainischen Kommunisten erklärten, sie seien über die „künstliche Verschlechterung der Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland empört“. Sie fordern die Entlassung von Außenminister Borys Tarasjuk.

Ergebnisse einer TV-Umfrage

Die überwältigende Mehrheit der ukrainischen Fernsehzuschauer, die an einer interaktiven Meinungsumfrage teilgenommen hatten, sind überzeugt, dass die innenpolitische Krise in der Ukraine, die durch den Versuch des Parlaments entstand, die Regierung Jurij Jechanurow zu entlassen, sowie die Eskalation des Streits um die Schwarzmeerflotte und die Probleme mit russischen Erdgaslieferungen in einem engen Zusammenhang stehen.

Oleksandr Sawyzkyj, Kiew

DW-RADIO/Russisch, 17.1.2006, Fokus Ost-Südost