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Nahost-Reise im Zeichen von Hamas-Sieg und Karikaturenstreit

13. Februar 2006

Steinmeier trifft sich mit Israels Regierungsvertretern. Die Nahost-Reise bietet dem Außenminister die Chance, sich endlich als deutscher Chefdiplomat zu profilieren. Für Gespräche mit der Hamas steht er nicht bereit.

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Bundesaußenminister Frank-Walter SteinmeierBild: AP

Am Sonntagabend (12.2.2006) hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier einen neuen Anlauf für seine Antrittsreise in den Nahen Osten genommen. Eigentlich wollte der Außenminister bereits vor drei Wochen nach Jerusalem und Ramallah fahren, hatte die Pläne aber wegen der BND-Bundestagsdebatte verschoben.

Fatah zelebriert ihren Sieg
Die Hamas feiert ihren WahlsiegBild: AP

Seither hat sich in Israel und den Palästinensergebieten viel verändert: Die radikalislamische Hamas siegte bei den Wahlen, der Atomstreit mit Iran eskalierte, Israel befindet sich mitten im Wahlkampf für die Parlamentswahl am 28. März, und die Mohammed-Karikaturen lösten in der arabischen Welt eine Sturm der Entrüstung und Gewalt aus. In dieser aufgeheizten Stimmung sollen die Gespräche Steinmeiers auch dazu dienen, die Bemühungen der Europäischen Union (EU) um eine Deeskalation des Karikaturenstreits voranzutreiben.

Hamas besser nicht unter Druck setzen?

Die politischen Gespräche beginnen für Steinmeier am Montag (13.2.). Es sind Treffen mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert und Außenministerin Zippi Livni geplant. An der Holocaust-Gedenkstätte wird der Minister einen Kranz niederlegen.

Machmud Abbas
Mahmud AbbasBild: AP

Am Dienstag trifft sich Steinmeier dann mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas und Außenminister Nasser el Kidwa von der bislang regierenden Fatah-Bewegung. Mit Blick auf die palästinensische Regierungsbildung sagte Christian Hanelt, Nahost-Experte der Bertelsmann-Stiftung: "Es ist gerade jetzt wichtig, in die Region zu fahren und ein Zeichen zu setzen." Dabei müssten das Nahost-Quartett aus den USA, Russland, der UNO und der EU mit einer Stimme sprechen und die gleichen Signale aussenden. Hanelt plädierte dafür, der Hamas "auch etwas Zeit zu lassen" und sie nicht unter Druck zu setzen, denn: "Je mehr man der Hamas droht, desto mehr werden sich die Radikalen durchsetzen."

Gespräche mit Hamas für Steinmeier tabu

Khaled Mashaal, Chef der Hamas, Palästina Wahlen
Hamas-Führer Khaled MashaalBild: AP

Während die EU und die USA die Hamas weiterhin als Terrororganisation betrachten, hatte der russische Präsident Wladimir Putin am Donnerstag (9.2.) angekündigt, er werde "in Kürze" Hamas-Vertreter nach Moskau einladen, um über die Zukunft des Nahost-Friedensprozesses zu sprechen. Dafür erntete Russland vor allem auf israelischer Seite harsche Kritik: Putins Ankündigung sei ein "Dolchstoß" in den Rücken Israels, sagte der israelische Erziehungsminister Meir Scheetrit am Freitag im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und Wohnungsbauminister Seev Bohm warnte, Putin spiele mit dem Feuer.

Dagegen sind für Steinmeier Kontakte zur Hamas ebenso tabu wie zuvor schon für Bundeskanzlerin Merkel bei ihrem Besuch in Israel vor zwei Wochen. Der Minister dürfte bei seiner Nahost-Reise den "Dreisatz", den die EU und das Nahost-Quartett der Hamas für die Zukunft auf den Weg gaben, erneut vortragen: Hamas muss das Existenzrecht Israels anerkennen, der Gewalt abschwören und bisherige Ergebnisse des Nahost-Friedensprozesses anerkennen.

Steinmeier in der Region mit Spannung erwartet

Seit seinem Amtsantritt bewegte sich Bundesaußenminister Steinmeier, der vor allem mit der Befreiung deutscher Geiseln und den BND-Aktivitäten im Irak beschäftigt war, außenpolitisch eher im Schatten der Kanzlerin. Die erste große Nahost-Reise bietet Steinmeier nun die Chance, eine eigenständige Vermittlerrolle einzunehmen und sich endlich als deutscher Chefdiplomat zu profilieren.

Steinmeier, der seit Tagen für eine Deeskalation im Karikaturenstreit und einen Dialog mit der muslimischen Welt wirbt, dürfte im Nahen Osten nicht zuletzt wegen des hohen Ansehens seines Amtsvorgängers Joschka Fischer (Grüne) in der Region mit besonderer Spannung erwartet werden. Seine Reise endet voraussichtlich am späten Dienstagabend in der Türkei (ana)