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Namwamba: "Es gibt eine Chance für Somalia"

Daniel Gakuba/Julia Hahn13. September 2012

Kaum 48 Stunden im Amt, ist Somalias neuer Präsident Mohamud nur knapp einem Anschlag entgangen. Für Somalia-Experte Tom Namwamba gibt es nur einen Weg zum Frieden, sagt er im DW-Interview.

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Somalische Regierungssoldaten halten Wache nach dem Anschlag auf den neuen Präsidenten Mohamud (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Deutsche Welle: Herr Namwamba, die Hoffnungen vieler Somalier waren groß nach der Wahl des neuen Präsidenten. Sind diese Hoffnungen mit dem Anschlag auf Hassan Sheikh Mohamud zerstört worden?

Tom Namwamba: Solange der Wille des somalischen Volkes durch die Regierung oder durch das Ausland gelenkt und beeinflusst wird, wird es nie Frieden geben in Somalia. Das Vorgehen ausländischer Staaten in Somalia führt dazu, dass sich die somalische Bevölkerung immer noch nicht sicher, immer noch nicht unabhängig und immer noch nicht autonom fühlt. Die Menschen haben das Gefühl, dass nach wie vor versucht wird, den Kolonialismus aufrechtzuerhalten und das Land von außen zu lenken. Und solange viele Somalier dies glauben, werden Gewalt, Spaltung, Zerstörung von Eigentum und Verluste von Menschenleben den Alltag in Somalia bestimmen.

Sind die neue Regierung und die neue Verfassung also von vornherein zum Scheitern verurteilt?

Porträt von Prof. Tom Namwamba (Foto: Tom Namwamba)
Tom Namwamba unterrichtet an Nairobis Kenyatta-UniversitätBild: privat

Es gibt viel Unzufriedenheit in Somalia. Viele, die an der Übergangsregierung beteiligt waren, sind Leute, die im Ausland gelebt haben. Sie verstehen die Mechanismen des Krieges nicht. Die neue Verfassung wurde von Leuten geschrieben, die in Kenia und anderen Staaten leben. Es gab keinerlei Bestreben, auch die traditionellen, sozialen, politischen und kulturellen Eigenheiten des somalischen Volkes in der Verfassung zu berücksichtigen. Leute aus Somalia wurden nicht einbezogen - also Menschen, die im Krieg geboren wurden, die im Krieg leben und die bereit sind, im Krieg zu sterben - und zwar solange, bis ihre Misere, ihre Bedürfnisse und ihre Gründe für den Kampf endlich verstanden werden. Aber solange das nicht passiert, wird es keinen Frieden geben.

Wie sieht er denn Ihrer Ansicht nach aus, der Weg zum Frieden?

Es gibt eine Chance für Somalia, eine Lösung des Konflikts und dauerhaften Frieden zu finden. Das kann aber nur geschehen, wenn die amtierende Regierung sich mit den Grundursachen des Krieges beschäftigt. Außerdem müssen die Warlords einbezogen werden und auch die Leute, die jetzt bei der Präsidentenwahl gescheitert sind. Denn diese Leute sind nur ein paar Meter von der Macht entfernt. Das kann zu neuer Gewalt führen, denn jeder denkt, er sei am besten qualifiziert, das Land zu führen. Eine demokratische Regierung Somalias muss alle Stämme einbeziehen. Die Warlords und Stammesführer müssen an einen Tisch gebracht werden, um gemeinsam den Weg nach vorne zu gestalten - sonst ist diese Regierung zum Kollaps verdammt. Würden sich dann die ausländischen Kräfte und die Afrikanische Union aus dem Land zurückziehen, käme in Somalia die Anarchie zurück.

Tom Namwamba ist Somalia-Experte und Professor an der Kenyatta Universität in Nairobi.