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Nationale Interessen behindern Lösung in Darfur

Klaus Dahmann2. Februar 2005

Eine von Kofi Annan eingesetzte Kommission hat erneut bestätigt, was die Welt schon seit Monaten weiß: Im Westsudan werden schlimme Verbrechen begangen. Die Völkergemeinschaft schaut weiter zu. Klaus Dahmann kommentiert.

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Klaus Dahmann

Auch wenn das Thema Darfur in den internationalen Medien seit Wochen nur noch am Rande auftaucht - das Morden und Leiden geht unvermindert weiter. Daran hat weder der Einsatz der rund 700 Soldaten der Afrikanischen Union (AU) etwas geändert, noch die Nothilfe-Lieferungen für die hungernde Bevölkerung. Ende Januar wurden bei einem Luftangriff in der westsudanesischen Krisenregion schätzungsweise 100 Menschen getötet. Menschenrechtsorganisationen schlagen ständig Alarm: Tötungen, Vertreibungen und Vergewaltigungen seien nach wie vor an der Tagesordnung, die Lage in Darfur habe sich sogar in den letzten Wochen verschlechtert. Und keiner der Täter ist bisher für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden.

Aber es mangelt nicht nur an Medien-Berichterstattung aus der Krisenregion - das eigentliche Problem ist die Uneinigkeit, die die Staatengemeinschaft in Sachen Sudan an den Tag legt. Auf UN-Ebene steht Generalsekretär Kofi Annan, der zu den ständigen Mahnern gehört, dem Widerstreit nationaler Interessen nahezu machtlos gegenüber. Dass die von ihm eingesetzte Untersuchungs-Kommission die andauernden Verbrechen in Darfur zwar bestätigt, aber nicht von Völkermord sprechen will, hat nur zum Teil etwas mit der Lage vor Ort zu tun.

Sicher ist die Beweisführung bei Genozid schwierig: Dazu müsste laut UNO-Definition nachgewiesen werden, dass im Westsudan gemordet wird, um "eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören". Sprich: die Opfer müssten deshalb getötet, verfolgt und vergewaltigt werden, weil sie einer bestimmten Volks- oder Religionsgruppe angehören. Der Darfur-Konflikt lässt sich jedoch schlecht auf diese Definition bringen.

Zumindest "Elemente von Genozid" gebe es, verlautete aus der Kommission - ein diplomatischer Winkelzug, denn würde ihr Urteil "Genozid" lauten, wären die Vereinten Nationen zum Eingreifen verpflichtet. Dass UN-Truppen nach Darfur entsendet werden, ist aber illusorisch, weil es im Sicherheitsrat nicht durchsetzbar ist. Die Veto-Mächte China und Russland wollen dem nicht zustimmen, weil sie aufgrund eigener Öl-Geschäfte im Sudan hinter dem Regime in Khartoum stehen.

Nun streitet man sich bei den Vereinten Nationen auch noch darum, wo die Täter und Hintermänner der Verbrechen in Darfur vor Gericht gestellt werden. Wenn es nach Kofi Annan geht, soll der ständige Internationale Strafgerichtshof in Den Haag tätig werden. Hier jedoch blockiert die US-Regierung, die dieses Gericht selbst nicht anerkennt und es am liebsten abschaffen würde. Denn sie befürchtet, dass irgendwann auch einmal Amerikaner dort angeklagt werden könnten. Abschaffen ist nicht mehr möglich, also versucht Washington den unliebsamen Strafgerichtshof auszubooten: Man solle doch für Darfur ein spezielles UN-Gericht einrichten, nach dem Vorbild des Jugoslawien- und des Ruanda-Tribunals.

Angesichts des täglichen Mordens in Darfur erscheinen die nationalen Interessen - Öl-Geschäfte hier, Ablehnung des Haager Strafgerichtshofs dort - schlicht zynisch. Denn klar ist: Grundvoraussetzung, um den Konflikt im Westsudan zu beenden, ist eine klare und einheitliche Haltung der Staatengemeinschaft. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Und für die Menschen in Darfur ein blutiger.