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"Nationales Bewusstsein unterschätzt?"

Zusammengestellt von Klaudia Prevezanos25. März 2003

Die internationale Presse kommentiert am Dienstag (25.3.2003) den schwierigen Verlauf des Krieges und ein mögliches Ende des Baath-Regimes. Weiteres Thema ist die Wirkung von Bildern gefangener oder toter Soldaten

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Zum bisherigen Verlauf des Irak-Krieges schreibt die US-Zeitung "New York Times" in ihrer Online-Ausgabe am Dienstag: "Die amerikanischen und britischen Militärs sind auf einen Krieg gegen widerstandsfähige Feinde vorbereitet, und sie beharrten gestern darauf, alles sei im Plan oder darüber hinaus. Doch die Öffentlichkeit hat Grund, anderer Auffassung zu sein. Die Regierung von US-Präsident George W. Bush hatte den Eindruck vermittelt, dass die irakische Führung wackele, ein Großteil der Armee wahrscheinlich nicht kämpfen werde und die Iraker die Invasionstruppen mit Beifall und Blumen begrüßen werden. Zwar könnten einige dieser Dinge noch geschehen, doch bislang waren die Menschen, die die amerikanischen Truppen begrüßten, sehr viel abweisender als viele gehofft hatten."

Zum Widerstand irakischer Verbände gegen die Invasion der verbündeten Truppen bemerkt die belgische Zeitung "Le Soir": "Sicher, die Alliierten kommen voran, sind nach Angaben des britischen Premierministers Tony Blair nur noch rund 100 Kilometer von Bagdad entfernt. Aber die Dinge entwickeln sich nicht nach dem vorgesehenen Plan. So weiß man jetzt zum Beispiel, dass die Iraker - zumindest ein Teil von ihnen - kämpfen wollen, manchmal bis zum Tod. Und vielleicht nicht nur die Gefolgsleute des Regimes. Es hat außerdem den Anschein, dass der herzliche Empfang, den man von der 'befreiten' Bevölkerung erhoffte, nicht so spektakulär ausfällt wie erwartet. Haben die Alliierten das nationale Bewusstsein unterschätzt, das in den Herzen der Iraker schlägt?"

Auch die französische Tageszeitung "La Voix du Nord" sieht die US-britische Allianz zunehmend in Schwierigkeiten: "Saddam Hussein ist immer noch auf den Beinen, und - was besonders ärgerlich ist - seine Armee und seine Bevölkerung leisten Widerstand gegen ihre 'Befreier'. Schlimmer noch, es kommt vor, dass die irakischen Soldaten so tun, als ergäben sie sich, um dann den Feind besser unter Beschuss nehmen zu können. (...) Die Strategen im Pentagon sind ganz offensichtlich genötigt, ihre Pläne der Wirklichkeit auf dem Terrain anzupassen. (...) Ihre Strategie, die auf möglichst wenig Verluste abzielt, wird an ihre Grenzen geraten, wenn die alliierten Soldaten an den Toren der Hauptstadt angelangen, vielleicht schon heute. (...) In dieser letzten Schlacht werden die anglo-amerikanischen Streitkräfte von ihren Einheiten abgeschnitten sein, die zurückgeblieben sind, um die berühmten Widerstandsnester zu reduzieren. Die große Unbekannte ist nun, wie die Bevölkerung Bagdads reagieren wird. Der Widerstand, den die Koalition im schiitischen Süden angetroffen hat, obwohl dieser als Saddam-Hussein-feindlich gilt, lässt jedenfalls nichts Gutes erwarten."

Das österreichische Massenblatt "Kurier" thematisiert die psychischen und physischen Folgen des Irak-Krieges: "Die Illusion vom klinisch sauberen Cyber-Krieg ist tot. Gestorben vor aller Augen in Live-Übertragungen der brutalen Kämpfe. In den Medien zeigt der Krieg sein wahres Gesicht mit unerträglicher Intensität: Verstümmelte Leichen, blutende Verletzte, Soldaten mit erhobenen Händen auf dem Weg in Gefangenschaft, Gefangene mit Todesangst in den Augen. (...) Wir sahen ohnmächtige Wut und blinden Hass - und wie der Krieg sein Zerstörungswerk an Menschen vollendet. Diese Bilder des Krieges explodieren in unseren Köpfen."

Die russische Tageszeitung "Wremja MN" aus Moskau kommentiert den erwarteten Regimewechsel in Bagdad nach dem Ende des Krieges im Irak: "Noch stehen die richtigen Schlachten bevor, doch am Ausgang des Kriegs gibt es keine Zweifel. Und eines der wichtigsten Ergebnisse wird der unweigerliche Sturz des Baath-Regimes sein. Eine ganze Epoche in der Geschichte dieses leidgeprüften Landes geht zu Ende. Die Diktatur der nationalsozialistischen Baath-Partei, die 1968 an die Macht gekommen war, hat sich in ein totalitäres Regime der persönlichen Macht von Saddam Hussein umgewandelt. Die Zeit der Baath-Partei als mächtige und dynamische Strömung in der arabischen Welt läuft im Irak ab."