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Panzer im Einsatz gegen Demonstranten

2. Oktober 2011

Die syrische Armee hat beim Sturm auf die Stadt Rastan nach Angaben staatlicher Medien zahlreiche Deserteure getötet. Die Opposition bildete im Kampf gegen das Assad-Regime einen gemeinsamen Nationalrat.

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Foto eines Bürger-Journalisten in Homs, Syrien, von einer Anti-Assad-Demonstration (Foto: AP/dapd)
Aktivisten verbreiten im Internet Fotos wie dieses von einer Demonstration gegen Assad in HomsBild: dapd

Die Ortschaft Rastan in der Provinz Homs sei nun wieder unter Kontrolle der Sicherheitskräfte, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Sana am Sonntag (02.10.2011). Gegner des Regimes von Präsident Baschar Al-Assad hatten am Samstag von einem "Massaker" in Rastan gesprochen. Dort hatte sich eine große Zahl von Deserteuren verschanzt. In Videos, die sie im Internet veröffentlichten, sagten die Deserteure, sie hätten den Befehl verweigert, auf Zivilisten zu schießen.

Mit etwa 250 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen sowie der Unterstützung von Militär-Hubschraubern stürmten syrische Truppen nach Angaben von Oppositionellen am Samstag Rastan. Die Stadt galt als Hochburg des Widerstands gegen das Regime von Assad. "Die Stadt ist fast vollständig durch den Beschuss zerstört", berichteten Gegner des Präsidenten aus dem Exil im benachbarten Libanon.

Regime sucht Deserteure

Exil-Syrer halten eine mehrere Meter lange syrische Fahne bei einem Protestmarsch (Foto: AP/dapd)
Exil-Syrer wie hier in Griechenland demonstrieren für eine Ablösung von Präsident AssadBild: dapd

Das staatliche Fernsehen berichtete am Samstag: "Die Soldaten durchsuchen jetzt (die Stadt) nach bewaffneten Banden und Terroristen, um diese festzunehmen." Nach Darstellung der Opposition hatten sich in Rastan etwa 2000 Deserteure versteckt. Wie viele von ihnen getötet wurden, war am Sonntag noch unklar. Seit Ausbruch der Proteste gegen das syrische Regime im März wurden nach Angaben der Vereinten Nationen etwa 2700 Menschen in dem Konflikt getötet.

Die syrische Protestbewegung setzt mittlerweile zunehmend auf die Hilfe von abtrünnigen Soldaten. Diese sollten ihre Operationen verstärken, um den Druck der Sicherheitskräfte auf die Demonstranten zu mildern, heißt es in einer Erklärung von Oppositionellen. Ein Vertreter der syrischen Opposition in Istanbul sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Zahl der Deserteure sei inzwischen auf mehrere Tausend angestiegen. Am Freitag war nach Angaben von Aktivisten ein desertierter Oberst in Homs erschossen worden, weil er sich geweigert habe, Demonstranten zu töten.

Opposition gründet gemeinsamen Nationalrat

Verschleierte Demonstrantinnen, eine macht das V-Zeichen (Foto: AP/dapd -- Achtung: Die Herkunft des Fotos konnte von der Deutschen Welle nicht überprüft werden!)
Bürger-Journalisten-Foto einer Anti-Assad-Demonstration in EdlibBild: dapd

Das Blutvergießen schweißt unterdessen die traditionell zerstrittenen Oppositionsgruppen des Landes mehr und mehr zusammen. Am Wochenende trafen sich in Istanbul Vertreter von mehr als 70 Gruppierungen. Sie bildeten nach eigenen Angaben einen Nationalrat. Ziel des Gremiums soll es sein, die Revolte gegen Assad zu steuern. Außerdem will der Rat die Protestbewegung auf der internationalen Ebene vertreten.

Der Nationalrat soll zunächst von dem in Paris lebenden Oppositionellen Burhan Ghalijun geleitet werden. Ghalijun, ein Professor an der Sorbonne, sagte in einer von mehreren arabischen Fernsehsendern übertragenen Ansprache, es gehe um eine "gemeinsame Front", die "den Massakern, die täglich begangen werden, etwas entgegensetzen" solle.

Seit Beginn der Protestwelle im vergangenen März hatten sich schon mehrere "Übergangsräte" gebildet, die jedoch nicht von allen Oppositionsgruppen anerkannt wurden. Angesichts der zunehmenden Gewalt rauften sich nun aber die verschiedenen Gruppierungen - das Spektrum reicht von Liberalen bis zu den Islamisten - zusammen. Auch die in Syrien verbotene Muslimbruderschaft gehört dem neuen Rat an.

Westerwelle fordert Syrien-Resolution

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) dringt derweil auf eine möglichst rasche Verabschiedung einer Resolution des Weltsicherheitsrats gegen das syrische Regime. Deutschland habe gemeinsam mit anderen europäischen Ländern einen neuen Entwurf eingebracht, der hoffentlich die zögerlichen Staaten überzeuge und zügig verabschiedet werde, sagte Außenamtssprecher Andreas Peschke am Freitag in Berlin.

Eine klares Signal zur Verurteilung der Gewalt in Syrien sei längst überfällig. Zudem müsse die Möglichkeit für Sanktionen geschaffen werden, falls die Gewalt gegen Regimegegner kein Ende finde. Mehrere Mitglieder des Weltsicherheitsrates, unter anderem Russland, China und Indien lehnen Sanktionen gegen die Regierung in Syrien ab.

Im Bemühen um eine Einigung mit der Vetomacht Russland haben die westlichen Länder im UN-Sicherheitsrat daher das Wort "Sanktionen" aus dem Entwurf für eine Syrien-Resolution gestrichen. Stattdessen wurde der Begriff der "gezielten Maßnahmen" gewählt, wie aus Diplomatenkreisen in New York verlautete.

Autor: Martin Schrader (afp, dpa)

Redaktion: Thomas Grimmer