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NATO will Raketenabwehr

19. November 2010

Neue Strategie, Raketenabwehr, Afghanistan-Politik und Annäherung an Russland. Das sind die Themen, die die NATO beim Gipfel in Lissabon beraten will. Die letzten Streitpunkte innerhalb des Bündnisses sind geklärt.

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NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen (Foto: AP)
Bild: AP

Deutschland und Frankreich haben sich nach Angaben von NATO-Diplomaten darauf geeinigt, beim NATO-Gipfel, der am Freitag (19.11.2010) in der portugiesischen Hauptstadt begonnen hat, einen gemeinsamen Standpunkt zur geplanten Abwehr von Kurzstreckenraketen in Europa zu vertreten. Frankreich besteht darauf, dass die atomare Abschreckung weiterhin ein Pfeiler der NATO-Doktrin bleibt, solange andere Staaten Atomwaffen besitzen.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle will mit der Raketenabwehr auch Abrüstungsschritte verknüpft sehen. Insgesamt übernimmt die NATO die Vision des amerikanischen Präsidenten Barack Obama von einer atomwaffenfreien Welt, irgendwann in der Zukunft.

Russland einbeziehen

In die Raketenabwehr solle Russland so weit wie möglich einbezogen werden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor ihrer Abreise in Berlin. Die Kanzlerin fügte hinzu, es sei ein "gutes Zeichen", dass der russische Staatschef Dmitri Medwedew nach Lissabon kommt, um am NATO-Russland-Rat teilzunehmen. Medwedew hatte angedeutet, dass Russland das Angebot, sich an der Raketenabwehr zu beteiligen, grundsätzlich annehmen könnte.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte in Lissabon, man werde mit Russland einen "frischen Start" wagen. Es sei aber verständlich, dass Moskau noch viele Fragen habe. Nun sind die NATO-Diplomaten gespannt auf mögliche russische Forderungen.

Die US-Delegation befürchtet, dass der russische Präsident die Raketenabwehr mit der Ratifizierung des Abrüstungsabkommens START new verknüpfen könnte, die im US-Senat möglicherweise verzögert wird. Russland hatte außerdem zugesagt, Nachschub für die Internationale Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) verstärkt über sein Territorium abzuwickeln. Auch die Lieferung von Hubschraubern war im Gespräch. Entsprechende Vereinbarungen sollen in Lissabon unterzeichnet werden.

Das NATO-Mitglied Türkei scheint indes seinen Widerstand gegen die geplante Raketenabwehr aufgegeben zu haben. Die Türken wollten erreichen, dass die explizite Erwähnung des Irans aus dem NATO-Papier gestrichen wird. Trotzdem ist allen Beteiligten klar, dass Mittelstreckenraketen aus dem Iran mit dem Raketenschild abgefangen werden sollen. Die Türkei besteht außerdem darauf, dass die Raketenabwehr als gemeinschaftliches NATO-Projekt und nicht als Alleingang der USA definiert wird.

Abzug aus Afghanistan

Präsident Hamid Karsai nach der Ankunft in Lissabon (Foto: AP)
Präsident Karsai - Auf den Afghanen lastet mehr VerantwortungBild: AP

Der afghanische Präsident Hamid Karsai ist auch in Lissabon Gast des NATO-Gipfels. Die NATO will beschließen, dass die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan im Jahr 2014 von der NATO-geführten ISAF-Truppe an die afghanischen Truppen übergehen soll, die die NATO zurzeit ausbildet.

US-Außenministerin Hillary Clinton sagte bei ihrer Ankunft in der portugiesischen Hauptstadt, man werde die Souveränität Afghanistans beachten. Es gibt starke Zweifel an dem Ziel, 2014 die ISAF-Truppen abzuziehen. Clinton betonte jedoch, der Beginn des Rückzugs vom nächsten Sommer an solle in Lissabon beschlossen werden: "Wir werden das morgen beschließen, und zwar mit der Absicht, die Sicherheit bis 2014 in die Verantwortung des afghanischen Volkes zu legen. Gleichzeitig werden wir den zivilen Wiederaufbau unterstützen." Karsais Ansehen bei den NATO-Partnern ist nach Berichten über Korruption und Wahlfälschung stark gesunken.

US-Außenministerin Hillary Clinton und ihr portugiesischer Amstkollege Luis Amado (Foto: AP)
US-Außenministerin Clinton setzt auf Afghanistans SicherheitskräfteBild: AP

Großes Sicherheitsaufgebot

Die portugiesische Polizei sieht sich mit dem NATO-Gipfel ihrer bisher größten Aufgabe gegenüber. 10.000 Sicherheitskräfte wurden zusammengezogen, um die 28 Staats- und Regierungschefs und Tausende Delegierte auf dem ehemaligen Gelände der Weltausstellung zu schützen.

Für Samstag ist eine Großdemonstration angekündigt. Seit Tagen laufen im portugiesischen Fernsehen Berichte über den sogenannten Schwarzen Block. Angeblich reisen Autonome und Gewalttäter aus ganz Europa nach Lissabon.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Fabian Schmidt

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