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Eiszeit beendet

5. März 2009

Sechs Monate lang herrschte zwischen der NATO und Moskau Funkstille. Hauptgrund für die Differenzen war der Georgien-Krieg. Nun soll die Arbeit des NATO-Russland-Rats wiederbelebt werden.

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NATO-General-Sekretär Jaap de Hoop Scheffer im NATO-Hauptquartier Brüssel. Daneben Russlands Präsident Dimitri Medwedjew. Foto: AP
Wieder Partner: NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer (l.) und Russlands Präsident Dmitri MedwedewBild: AP / PD / DW

Die Außenminister der 26 NATO-Staaten haben die Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen dem Nordatlantischen Bündnis und Russland beschlossen. Das teilte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer am Donnerstag (05.03.2009) in Brüssel mit. Die Arbeit des NATO-Russland-Rates war ausgesetzt worden, nachdem Russland Truppen nach Georgien geschickt hatte.

Wer der eigentliche Aggressor war, konnte bis heute nicht geklärt werden. Aber die meisten NATO-Staaten sind sich einig: der Einmarsch der Russen war unangemessen. Als noch größeren Affront hat es die NATO empfunden, dass Moskau als Konsequenz aus dem Konflikt den Republiken Südossetien und Abchasien die Souveränität zugestanden hat. Die internationale Gemeinschaft hat dies nicht anerkannt.

NATO-General-Sekretär Jaap de Hoop Scheffer spricht beim Nato-Außenminister-Treffen in Brüssel. Foto: AP
NATO-General-Sekretär Jaap de Hoop Scheffer will mit Russland redenBild: AP

Neue Kooperation

Dennoch will die NATO jetzt wieder Beziehungen zu Russland pflegen. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer argumentierte: "Wir müssen anerkennen, dass wir gemeinsame Interessen mit Russland haben." De Hoop Scheffer nannte Afghanistan, den Kampf gegen Terrorismus und die Nichtverbreitung von Atomwaffen.

Die NATO ist auf Russland angewiesen, wenn sie Versorgungsgüter für ihre Truppen nach Afghanistan liefern will. Die Nachschubroute über Pakistan hat sich nämlich als zunehmend unsicher erwiesen. In diesem Punkt zeigt sich Russland kulant. NATO-Fahrzeuge durften bereits Russland und Kasachstan passieren.

Es ist allerdings fraglich, ob Russland darüber hinaus bereit ist, mit der NATO enger zusammenzuarbeiten, nur weil der NATO-Russland-Rat aus seinem Dornröschenschlaf aufgeweckt wird. Gegenüber dem Iran wird sich Moskaus Haltung wohl kaum ändern. Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat bereits klar gestellt, Russland werde nur Maßnahmen zustimmen, die im eigenen Interesse liegen. Politische Tauschgeschäfte kämen nicht in Frage.

Zweifel an möglichen Fortschritten

Manche NATO-Staaten haben offenbar eine solche Reaktion erwartet. Der litauische Außenminister Vygaudas Usackas gab bei der Wiederbeleung des NATO-Russland-Rates zu bedenken:"Meine Einschätzung ist im Moment, es ist noch ein bisschen früh, einen offiziellen Dialog zu eröffnen. Ich denke, wir sollten eine ehrliche Bestandsaufnahme machen, ob ausreichend Fortschritte zu verzeichnen sind, wenn wir wollen, das Russland unsere Worte ernst nimmt." Seiner Ansicht nach müsse Russland zunächst unabhängige Beobachter in den abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien zulassen.

Bundesaussenminister und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier, Foto: AP
Steinmeier vertraut auf Russlands KooperationsbereitschaftBild: AP

Vorschusslorbeeren für Moskau

Andere bringen Russland mehr Vertrauen entgegen. Allen voran Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Die zurückliegende Krise dürfe nicht zu "Sprachlosigkeit" führen, so der Minister. Allerdings räumte Steinmeier auch ein, dass diplomatisch noch einiges zu klären sei und der Konflikt um Georgien jetzt nicht einfach beerdigt werde. Die NATO entlasse Russland nicht aus der Verantwortung und dem Zwang sich zu rechtfertigen.

Der britische Außenminister David Miliband hat sich auch dafür ausgesprochen, die Gespräche mit Russland wieder aufzunehmen. "Das gibt uns eine Möglichkeit, über unsere Besorgnisse direkt mit Russland zu reden. Die NATO und Russland haben gute Gründe zusammenzuarbeiten", so Miliband.

Ist die Wiederbelebung des NATO-Russland-Rats also ein Triumph für Moskau? Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn meint, nein. "Es ist ganz klar ein Zeichen, dass wir nicht einen Strich ziehen, aber dass wir wieder zur Normalität zurückkommen. Zwischen Freundschaft und Feindschaft gibt es die normalen Beziehungen."

US-Außenministerin Hillary Clinton und der britische Außenminister David Milliband scherzen beim Empfansdinner zum Nato-Gipfel in Brüssel am Mittwoch (4.3.2009)
Clinton und Miliband proben enge Freundschaft zwischen den USA und EuropaBild: AP

Hillary Clinton verspricht Neubeginn

Mehr als nur "normale" Beziehungen wünschen sich die europäischen Außenminister zu den USA. Die neue amerikanische Außenministerin Hillary Clinton hat am Donnerstag in Brüssel bei Vertretern der EU-Länder große Hoffnungen geweckt. Steinmeier glaubt, es gebe "frischen Wind" in der NATO und eine "neue Atmosphäre der Kooperation im Bündnis".

Die Beziehungen zwischen den USA und Europa waren schwer belastet wegen des Irak-Kriegs, aber auch wegen Afghanistan. Aus Sicht Amerikas engagieren sich die Europäer nicht genug. Doch nun soll die Zusammenarbeit auf ein neues Niveau gehoben werden. Die USA wollen eine gleichberechtigte Partnerschaft. Es geht also nicht darum, von den Europäern immer nur neue Soldaten für Afghanistan zu fordern. (cd/mas)