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Netanjahu holt Lieberman ins Boot

19. Mai 2016

Erst sah in Israel vieles nach einem Bündnis Netanjahus mit dem gemäßigten Oppositionschef Herzog aus. Nun kam überraschend die Wende. Der Premier stärkt seine Koalition, isoliert sich international wohl aber noch mehr.

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Premierminister Benjamin Netanjahu und Ex-Außenminister Avigdor Lieberman (foto: reuters)
Eine Szene aus besseren Tagen: Lieberman (l.), damals Außenminister, und Premier NetanjahuBild: REUTERS

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erweitert seine Regierungskoalition durch einen weiteren Partner aus dem ultrarechten Lager, um nicht mehr um seine derzeit hauchdünne Mehrheit im Parlament bangen zu müssen. Der Hardliner Avigdor Lieberman, Führer der nationalistischen Israel Beiteinu-Fraktion (Unser Haus Israel), habe das Angebot Netanjahus angenommen, das Amt des Verteidigungsministers zu übernehmen, berichteten israelische Medien übereinstimmend. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür aber noch nicht. Beobachter kommentierten, mit Lieberman als Verteidigungsminister stünden die Chancen auf eine friedliche Lösung des Konflikts mit den Palästinensern noch schlechter als zuvor.

Izchak Herzog von der Arbeitspartei Israels (foto: Copyright: DW/Tania Kraemer)
Oppositionsführer Izchak Herzog: In eine Falle getappt?Bild: DW/T. Kraemer

Herzog vorgeführt und gedemütigt?

Vor den Berichten über eine Einigung Netanjahus mit Lieberman waren Koalitionsverhandlungen des Regierungschefs mit der Mitte-Links-Opposition offensichtlich gescheitert. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Arbeitspartei, Jizchak Herzog, hatte erklärt, Netanjahu stehe vor einer "historischen Wahl" zwischen einer "Reise mit Krieg und Beisetzungen" oder einem Weg der "Hoffnung für alle". In seiner eigenen Partei wurde Herzog kritisiert, weil er vergeblich versucht habe, "in die Koalition hineinzukrabbeln". Es gab Rücktrittsforderungen.

Mit Herzog und der Arbeitspartei in der Regierung hätte man in Israel auf eine Wiederannäherung mit den Palästinensern hoffen können, nun mit Lieberman wachsen die Sorgen über eine neue Eskalation. Für ihn müsste Mosche Jaalon vom regierenden Likud seinen Posten räumen, der selbst in seiner eigenen Partei als relativ moderat gilt.

Hardliner und Provokateur

Der 57-jährige Lieberman galt zuletzt als scharfer Kritiker und Rivale Netanjahus innerhalb des rechten Lagers. Netanjahu war ihm vor allem militärisch zu lasch. Lieberman hatte 2012 wegen Korruptionsvorwürfen als Außenminister zurücktreten müssen, war dann aber freigesprochen worden. Er ist für markige und provokante Erklärungen bekannt, die oft auch international Empörung auslösten. So forderte er, Israel solle im Gazastreifen ebenso vorgehen wie einst Russland in Tschetschenien. Im Umgang mit der radikalislamischen Hamas solle Israel so verfahren "wie die USA mit den Japanern im Zweiten Weltkrieg", meinte er einmal.

Mit Liebermans Israel Beitenu-Fraktion würde Netanjahus Regierung ihre Mehrheit von 61 auf 67 der insgesamt 120 Parlamentssitze ausweiten. Israels Siedlerpartei freue sich auf "die rechteste Regierung der israelischen Geschichte", berichtete die Zeitung "Haaretz".

SC/fab (APE, dpa, afp)