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Doch kein Mauerbau in Jerusalem

19. Oktober 2015

Nach scharfer Kritik rechtsorientierter Minister hat Israels Regierungschef Netanjahu einen Plan zum Bau einer Mauer in Jerusalem wieder aufgegeben. Derweil sorgt ein Fall von versuchter Selbstjustiz für Empörung.

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Teile der zunächst geplanten Mauer in Jerusalem (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/A. Cohen

Rechtsorientierte Minister in der Koalition des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hatten die Pläne zum Bau einer Mauer zwischen dem Palästinenserviertel Dschabel Mukaber in Jerusalem und der nahe gelegenen jüdischen Siedlung Armon Hanaziv scharf kritisiert. Die Mauer könnte als Beginn einer Teilung Jerusalems interpretiert werden, so ihre Argumentation. Israel beansprucht ganz Jerusalem einschließlich des 1967 eroberten Ostteils als seine Hauptstadt. Die Palästinenser sehen hingegen in Ost-Jerusalem die Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates.

Netanjahu rückte angesichts der Kritik von dem Mauerbau wieder ab. Israelische Medien berichteten, das Projekt werde wohl zunächst nicht fortgesetzt. Die Polizei hatte nach der Serie blutiger palästinensischer Anschläge bereits damit begonnen, am Rande von Dschabel Mukaber hohe Betonblöcke aufzustellen (Artikelbild). Damit sollte auch verhindert werden, dass Palästinenser Brandsätze und Steine auf Armon Hanaziv werfen. Die Mauer sollte nach den ursprünglichen Plänen 300 Meter lang werden.

Israels Ministerpräsident Netanjahu (Foto: dpa)
Israels Ministerpräsident NetanjahuBild: picture-alliance/dpa/Ronen Zvulun/Pool

Täglich Gewaltausbrüche

Seit mehr als zwei Wochen kommt es in Israel und in den Palästinensergebieten täglich zu gewaltsamen Zusammenstößen oder zu Attacken von Palästinensern auf Israelis mit Schusswaffen oder Messern. Dabei wurden bereits acht Israelis sowie mehr als vierzig Palästinenser getötet. Einer der folgenschwersten Angriffe ereignete sich in der Nacht zum Montag auf dem Busbahnhof der israelischen Stadt Beerscheva. Dort erschoss ein Palästinenser einen israelischen Soldaten und verletzte mehr als zehn Personen. Der Angreifer wurde von Sicherheitskräften erschossen.

Afrikaner niedergeschossen

Ein Wachmann schoss zudem auf dem Busbahnhof einen Afrikaner nieder, den er irrtümlich für einen Attentäter hielt. Der völlig unschuldige Asylbewerber aus Eritrea wurde verletzt und dann von einer wütenden Menge schwer misshandelt. Videoaufnahmen zeigen, wie der am Boden in seinem Blut liegende 29-Jährige von Umstehenden mit Fußtritten auch gegen den Kopf traktiert wurde. Der Mann starb am Montag im Krankenhaus. Die Ärzte konnten nicht eindeutig sagen, ob er hätte überleben können, wenn er nicht misshandelt worden wäre.

Netanjahu wandte sich anlässlich dieses Vorfalls eindeutig gegen jegliche Form von Lynchjustiz. "Niemand darf das Gesetz in die eigenen Hände nehmen", betonte der Regierungschef. Die israelische Polizei teilte mit, sie wolle die Beteiligten an den Misshandlungen ermitteln und strafrechtlich verfolgen.

DW-Infografik: Tempelberg in Jerusalem

Streit um Tempelberg

Als ein Auslöser der Gewaltwelle gelten Streitigkeiten über den Status des Tempelbergs (Al-Haram al-Scharif) in der Jerusalemer Altstadt. Eine seit Jahrzehnten gültige Regelung sieht vor, dass der Tempelberg unter religiöser Verwaltung der Muslime steht. Die dortige Al-Aksa-Moschee ist das wichtigste islamische Heiligtum außerhalb Saudi-Arabiens. Juden, die das Gelände als Stätte von zwei früheren Tempeln verehren, dürfen den Tempelberg zwar besuchen, dort aber nicht beten. Vorwürfe der Palästinenser, Israel wolle diesen Status quo verändern, hat Netanjahu mehrmals zurückgewiesen.

wl/qu (dpa, afp, rtr)