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Neue Ansätze in Debatte über EU-Nachbarschaftspolitik

15. November 2007

Europa-Abgeordnete regen einen neuen Umgang mit den östlichen Nachbarn der EU an. Eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine und Moldovas wird von einigen Politikern nicht ausgeschlossen. Belarus bleibt Sorgenkind.

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Neuer Blick auf Nachbarn im Osten?Bild: picture-alliance /dpa

Im Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlaments regen sich Zweifel, dass es Sinn macht, osteuropäische Staaten, die klar Teil Europas sind, sowie die Anrainerstaaten im Mittelmeerraums im Rahmen der EU-Nachbarschaftspolitik auf Dauer in einer Gruppe zusammenzufassen. Der britische Abgeordnete Charles Tannock sagte: „Es ist klar, dass die Moldau nicht dasselbe ist wie Marokko. Die Staaten, die im Süden liegen, sind nicht europäisch und haben deswegen keine Perspektive für eine Mitgliedschaft in der EU. Gleichzeitig gibt es, zumindest meiner Meinung nach, im Osten mindestens zwei Staaten - die Ukraine und die Moldau – denen Artikel 49 des Maastrichter Vertrags einen Beitritt erlaubt, weil sie natürlich zweifelsohne europäisch sind.“

In einem Bericht für den Auswärtigen Ausschuss betonte der Abgeordnete, dass alle demokratischen Nachbarn der EU, die man deutlich als europäisch identifizieren könne, einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU stellen könnten. Deren Annäherung an die EU müsse von der Umsetzung der Reformen abhängen. Die derzeitigen Verhandlungen mit der Ukraine sollten mit einem Assoziierungsabkommen abgeschlossen werden. Ferner sollte der Ukraine eine EU-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt werden. Später könnte Moldova diesem Weg folgen. Die Abgeordneten des Ausschusses ermunterten die Europäische Kommission, die Besonderheiten der verschiedenen Staaten stärker zu berücksichtigen.

Schwieriges Verhältnis mit Belarus

Nach Ansicht der Berichterstatter bestehen zwischen den osteuropäischen und südlichen Nachbarn der EU deutliche Unterschiede. So würde in den Mittelmeerländern kein Fortschritt in Sachen Demokratie erreicht. Aber auch bei den östlichen Nachbarn der EU gibt es deutliche Unterschiede. „Mit der Ukraine hat eine intensive Nachbarschaftspolitik bereits begonnen. Aber mit Belarus stoßen die vorsichtigen Annäherungsversuche durch eine Einladung, an einem Gremium der Europäischen Nachbarschaftspolitik mitzuwirken, auf kein Echo“, erläuterte im Gespräch mit dem Polnischen Programm der Deutschen Welle der Europaabgeordnete Klaus Hänsch.

Ihm zufolge ist die EU an einer Zusammenarbeit mit Belarus interessiert, jedoch ist dies derzeit unmöglich: „Solange sich Lukaschenko weigert, die europäischen Werte, Menschen- und Bürgerrechte zu achten, kann es keine Nachbarschaftspolitik im Sinne dieses Wortes mit Belarus geben.“ Dem stimmt der deutsche Europaabgeordnete Elmar Brok zu: „Die Nachbarschaftspolitik gegenüber Belarus kann erst in vollem Umfang kommen, wenn Belarus sich demokratisch geöffnet hat. Deswegen geht es hier sehr stark darum, dass wir das neue Menschenrechts- und Demokratieinstrument der EU nutzen, um demokratischen Kräften innerhalb von Belarus Unterstützung zu geben.“

Auch Hänsch rät der EU-Kommission, wirksamer von der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte Gebrauch zu machen. Dabei sollte aber sichergestellt werden, dass die Mittel aus den Finanzierungsinstrumenten der EU von der belarussischen Regierung nicht zum Nachteil ihrer Bürger und der Zivilgesellschaft eingesetzt werden. „Und wir können auch darauf drängen, dass direkte persönliche Kontakte zwischen den Menschen aus Belarus und den EU-Staaten gefördert werden“, sagte Hänsch.

Ukraine als wichtiger Partner

Die deutschen Europaabgeordneten und Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses, Hänsch und Brok, sehen in der Ukraine einen wichtigen Partner der EU. „Wir sind an einer positiven Entwicklung in der Ukraine interessiert, denn die Ukraine ist ein strategisch außerordentlich wichtiges Land für die EU, für Deutschland insbesondere. Deswegen haben wir an einer demokratischen Entwicklung großes Interesse“, sagte Brok der Deutschen Welle. Ihm zufolge sollte es bald zum Abschluss und zur Ratifizierung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens kommen. Eine WTO-Mitgliedschaft der Ukraine sollte letztlich die Möglichkeit einer Freihandelszone schaffen.

Hänsch sagte, die Verhandlungen mit der Ukraine über eine vertiefte Nachbarschaftspolitik könnten am Ende auch zu einem Assoziierungsabkommen führen. „Man könnte überlegen, ob im Vorfeld nicht weitere Erleichterungen in den Beziehungen und eine weitere Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU zustande kommen, im Bereich Energie, Gesundheitspolitik und einer ganzen Reihe anderer Sektoren“, so Hänsch.

Tetjana Karpenko, DW-Ukrainisch, Barbara Cöllen, DW-Polnisch