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Neue Antikorruptionsstrategie in Kroatien

23. März 2006

Steht die kroatische Justiz im Einklang mit den Rechtsnormen der EU? Dieser Frage sollte ein Screening nachgehen, das nun verschoben wurde. Zagreb will die Pause nutzen - für neue Maßnahmen im Kampf gegen Korruption.

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Neue Initiativen aus ZagrebBild: dpa

Der auch auf den Web-Seiten der Regierung veröffentlichte Plan beinhaltet eine lange Reihe von Einzelmaßnahmen und umfasst alle Bereiche des öffentlichen Lebens in Kroatien. Ein besonderes Kapitel bezieht sich auf die Prävention, wobei hier die Justiz eine Hauptrolle spielt. In einem ersten Schritt sollen demnach alle Gerichte ihre Arbeitsbelastung aufzeigen und sämtliche Vorgänge einschließlich der Länge ihrer Anhängigkeit auflisten. Die Dauer und jahrelange Verschleppung von Gerichtsverfahren ist ein chronisches Problem in Kroatien. Nach Meinung der kroatischen Behörden soll der neue Plan alle Hindernisse für weitere Verhandlungen mit der Europäischen Union beseitigen. Kroatien hat aber bisher trotz aller Pläne keinen Erfolg beim Kampf gegen die Korruption nachgewiesen.

Rote Karte aus Brüssel

Die Bekämpfung der Korruption wurde zum Hauptthema in Kroatien, als die EU-Kommission den Begin eines geplanten Screenings auf September verschoben hatte. In dieser Phase des Screenings sollte geprüft werden, ob die kroatische Justiz im Einklang mit Rechtsnormen der EU steht. Der Stellvertretende Vorsitzende der kroatischen Sozialdemokraten, Ivica Racan, ist überzeigt, dass diese Entscheidung nur deshalb getroffen wurde, weil die EU unzufrieden mit den kroatischen Bemühungen im Kampf gegen Korruption war. Racan sagte: „Wir haben trotz Schwierigkeiten in der ehemaligen Koalitions-Regierung selbst versucht, Korruption effektiver zu bekämpfen. Damals haben wir auch einen Antikorruptionsplan erarbeitet und einige Maßnahmen aus diesem Plan umgesetzt. Es wurden sechs, sieben Gesetze verabschiedet, unter anderem auch das Gesetz zur Vermeidung von Interessenskonflikten. Jetzt sehen wir, dass diese Gesetze sehr schwer umzusetzen sind, weil einfach der politische Wille fehlt. Die neue Regierung hat unseren Plan leider suspendiert. Wir haben gesehen, dass die neue Regierung in den letzten zwei Jahren nichts unternommen hat, um die Korruption effektiv zu bekämpfen. Erst nachdem sich die Situation in Kroatien zugespitzt hat und die internationalen Politiker Druck ausgeübt haben, haben wir begonnen, uns damit auseinander zu setzen.

Gesellschaftliches Problem

Auch die kroatischen Bürger betrachten die weit verbreitete Korruption als größtes gesellschaftliches Problem, das vor allem im Gesundheitswesen, in der Justiz und lokalen Selbstverwaltung zu spüren ist. In diesen Tagen erschüttert Kroatien zum Beispiel eine Affäre, in der Generalbundesanwalt Mladen Bajic der Korruption beschuldigt wird. Der ehemalige Vorsitzende des Obersten Handelsgerichtes, Nenad Sepic, wirft ihm vor, Anzeigen der Richter unter den Teppich zu kehren und dafür Gegenleistungen zu erwarten. Der ehemalige Präsident des kroatischen Obersten Gerichtshofes, Ivica Crnic, sieht das anders: „Ich habe nie behauptet, dass es keine Korruptionsfälle gibt, auch in der Justiz nicht. Es ist aber unzulässig, die ganze Branche an den Pranger zu stellen.“

Grosses Versprechen, kurze Fristen

Der kroatische Premierminister Ivo Sanader hat versprochen: „Wir werden alles tun, um dieses Unheil auszurotten.“ Die große Frage bleibt aber, ob die Regierung in Zagreb es in den nächsten sechs Monaten schafft, Fortschritte im Kampf gegen die Korruption zu erzielen. Denn die Europäische Kommission möchte im September ihre Arbeit in Kroatien fortsetzen.

Gordana Simonovic, Zagreb
DW-RADIO/Kroatisch,22.3.2006, Fokus Ost-Südost