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Neue Arbeitskräfte für den Arbeitsmarkt

Kay-Alexander Scholz, Berlin30. September 2015

In Deutschland hat die Debatte über die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt begonnen. Könnten offene Lehrstellen so besetzt werden? Ganz praktische Vorschläge kommen nun aus dem Bundesbildungsministerium.

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Jugendliche Flüchtlinge in Deutschland (Foto: Dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

38.000 Lehrstellen konnten in diesem Herbst in Deutschland nicht besetzt werden. Die Firmen suchen händeringend junge Menschen, die zum Beispiel Elektroniker, Industriemechaniker, aber auch Köche und Bäcker werden wollen. Doch es gibt ein sogenanntes Matching-Problem - das Angebot an Lehrstellen passt nicht zu den Wünschen der Jugendlichen.

Das Bundesbildungs- und Forschungsministerium will, so kündigte Ministerin Johanna Wanka am Mittwoch in Berlin an, mithelfen, diese Lehrstellen mit Flüchtlingen zu besetzen. Denn unten den Flüchtlingen gebe es einen sehr hohen Anteil an unter 25-Jährigen, nämlich rund die Hälfte, so schätzt Wanka ,und bezieht sich dabei auf Zahlen des Bundesamts für Migration.

Allerdings hat deren neuer Leiter Frank-Jürgen Weise am Mittwoch eingestanden, dass derzeit wohl 290.000 Flüchtlinge in Deutschland noch gar nicht registriert seien und es ganz generell auch keine "gute Übersicht" darüber gebe, wo sie sich aufhielten und wie sie verteilt und ihre Anliegen bearbeitet würden.

130 Millionen zusätzlich

Einen Masterplan, wie berufliche Integration funktionieren soll, stellte Wanka zwar nicht vor. Aber sie verwies auf Instrumente, die ihr Ministerium bis 2017 insgesamt 130 Millionen kosten werden. Einsparungen an anderer Stelle soll es dafür nicht geben, so Wanka, schließlich habe ihr Ministerium im kommenden Jahr mehr Geld vom Bundesfinanzminister bekommen.

Die größten Posten aus dem 130-Millionen-Euro-Etat betreffen mehr Personal. 19 Millionen sind für Lernbegleiter eingeplant, die in Kooperation mit dem Volkshochschulverband das Erlernen der deutschen Sprache erleichtern sollen. Ergänzend ist auch eine Lern-App geplant, die "so bald wie möglich" starten soll. Auch die Deutsche Welle hat ein breites Angebot an Deutsch-Kursen.

18,5 Millionen Euro sind für zusätzliche Stellen in 400 Landkreisen geplant. Dort will der Bund die Kosten für einen Bildungskoordinator übernehmen. Dieser soll verschiedene Integrationsmodelle organisieren und koordinieren helfen.

Arbeitsproben statt Zeugnisse

Flüchtlinge haben in Deutschland einen Rechtsanspruch auf eine offizielle Bewertung ihrer beruflichen Qualifikation. 20.000 Verfahren hat es dazu im vergangenen Jahr gegeben. Drei von vier endeten mit einer Anerkennung.

Weil viele der jetzt eintreffenden Kriegsflüchtlinge wohl keine Zeugnisse bei sich hätten, wie Wanka sagte, sollen nun - in Kooperation mit der Wirtschaft - verstärkt Fachgespräche und Arbeitsproben dazu dienen, die berufliche Qualifikation zu ermitteln. Das heißt, wenn jemand sagt, er sei Maurer, dann kann er zum Beispiel zum Beweis eine Wand bauen.

Für Jugendliche ohne Ausbildung gibt es zudem das Instrument der sogenannten Potenzialanalysen, das angepasst und erweitert werden soll: Was kann jemand und welchen Beruf könnte er daraus machen? Darüber wird dann mit Beratern gesprochen.

Grüne fordern teurere Bildungsoffensive

Natürlich gehe es derzeit erst einmal darum, den Flüchtlingen ein Dach über den Kopf zu geben, räumte Wanka ein. Aber es müssten auch schon jetzt zukünftige Herausforderungen in den Blick genommen werden.

Die Opposition will dafür viel mehr Geld in die Hand zu nehmen. "Zehn Milliarden Euro für zehn Jahre" hat am Dienstag die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckhardt, vorgeschlagen. "Eine Bildungsoffensive, die an Schulen und Hochschulen dafür sorgt, dass Integration gelingen kann."

Vor zwei Wochen hatte Wanka bereits Integrationsmaßnahmen an Hochschulen und Universitäten angekündigt. Sprachkenntnisse und Studierfähigkeit sollen über Tests abgefragt werden. Auch dafür soll es zusätzliches Personal geben. Von 2016 an haben Asylberechtigte zudem einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung während ihrer Ausbildung im Rahmen des sogenannten Bafögs in Deutschland.