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Neue Finanzaufsicht soll Krisen abwehren

2. Dezember 2009

Die EU-Finanzminister haben sich auf einen Kompromiss bei der Reform der Finanzaufsicht geeinigt. Der europäische Finanzmarkt wird künftig stärker überwacht, das Eingriffsrecht der EU-Aufsicht ist aber eingeschränkt.

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Ein Fernrohr steht in Sichtweite von Bankentürmen, darüber die Sterne der EU-Flagge (Foto: dpa / DW-Montage)
EU soll mehr Macht bei der Finanzaufsicht bekommenBild: picture-alliance/ dpa/ DW-Fotomontage

In der Europäischen Union soll es künftig drei neue Aufsichtsbehörden für Banken, Börsen und Versicherungen geben. Darauf einigten sich die 27 EU-Finanzminister am Mittwoch (02.12.2009) in Brüssel nach monatelangem Streit. Sie zogen damit die Konsequenz aus der schlimmsten Finanzkrise seit 70 Jahren.

Drei neue Behörden

Euro-Geldscheine (Foto: Bilderbox)
Geht es um ihr Geld, haben die EU-Länder ein VetorechtBild: Bilderbox

Die EU hofft, mit der Reform der Finanzaufsicht neue Finanzkrisen zu verhindern. Das Überwachungssystem soll bereits im nächsten Jahr geschaffen werden. Die drei neuen Aufsichtsbehörden, die aus bereits bestehenden beratenden EU-Fachausschüssen hervorgehen, sollen den nationalen Aufsehern künftig Standards zur Umsetzung des Aufsichtsrechts vorschreiben. Für das Tagesgeschäft bleiben allerdings die nationalen Behörden verantwortlich. In Deutschland sind das die Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Bei Streit unter den nationalen Aufsehern der EU-Länder können die EU-Behörden künftig vermitteln.

Lange Zeit hatten viele EU-Mitgliedsstaaten sich dagegen gesträubt, Aufsichtsentscheidungen an die europäische Ebene abzugeben. Denn im Fall einer Bankenpleite müssen die Länder mit dem Geld ihrer Steuerzahler einspringen.

Entscheidungsbefugnisse mit Einschränkungen

Großbritannien erreichte nach erbittertem Widerstand, dass die Kompetenzen der neuen Finanzaufsicht stark eingeschränkt sind. Anders als die EU-Kommission es vorgeschlagen hatte, sollen die EU-Behörden den beaufsichtigten Unternehmen im Fall einer Krise keine direkten Anweisungen geben. Als Zugeständnis beschlossen die Finanzminister außerdem ein Einspruchsrecht der Länder, wenn eine Anordnung der EU-Aufsicht den Haushalt von Mitgliedsstaaten betrifft. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn die europäische Behörde die Rettung einer Bank anordnet. Würde dann eine Aufsichtsentscheidung angefochten, hätte der EU-Ministerrat das letzte Wort.

Zur Reform der Finanzaufsicht gehört auch die Einrichtung eines Europäischen Rates für Systemrisiken, der bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt ist und als eine Art "Frühwarnsystem" gegen Finanzkrisen fungieren soll. Darauf hatten die EU-Finanzminister sich bereits im Oktober verständigt.

Zustimmung der Finanzminister, Widerstand von EU-Parlamentariern

Wolfgang Schäuble (Foto: dpa)
Minister Schäuble: 'Kompromiss ist gute Lösung"Bild: picture-alliance/ dpa

Das Europaparlament muss dem Kompromiss der Finanzminister noch zustimmen. Der Vorsitzende der Finanzministerrunde, der schwedische Ressortchef Anders Borg, begrüßte den gefundenen Kompromiss: "Europa hat die Verantwortung übernommen, wichtige Maßnahmen zu ergreifen, die das Risiko einer neuen Krise mindern."

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nannte den Kompromiss eine "gute Lösung". Damit könne künftig bei Krisen schnell gehandelt werden. Ein Mitarbeiter des britischen Schatzkanzlers Alistair Darling sagte, die Einigung sei ein "gutes Ergebnis". Die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde sprach von einem Fortschritt für die Finanzaufsicht in Europa.

Europäisches Parlament in Brüssel (Foto: DW)
EU-Parlamentarier kritisieren "Verwässerung" der AufsichtskompetenzenBild: DW

Im Europaparlament stößt der Kompromiss der Finanzministerrunde auf Widerstand. In einer gemeinsamen Erklärung kündigten Vertreter der vier größten Fraktionen an, das Parlament werde eine "Verwässerung" der geplanten Aufsicht nicht zulassen. Die Bürger der EU erwarteten "effektive Maßnahmen" zur Vermeidung neuer Finanzkrisen, hieß es in der Erklärung. Dazu seien "unabhängige Aufsichtsbehörden" mit rechtsverbindlichen Befugnissen notwendig. Sie müssten für die Aufsicht über die Finanzinstitute zuständig sein.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, rtr, afp, ap)
Redaktion: Martin Schrader