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Neue Krawalle erschüttern Kairo

20. November 2011

Hunderte Verletzte und mehrere Tote - das ist die Bilanz heftiger Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten auf dem Tahrir-Platz, dem Herz der Demokratiebewegung in Ägypten, und in der Hafenstadt Alexandria.

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Ägyptische Polizisten (Foto: dapd)
Massives Aufgebot: Polizisten auf dem Tahrir-PlatzBild: dapd

Zu den Ausschreitungen nur gut eine Woche vor der ersten Parlamentswahl seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak kam es, als Polizisten ein Zeltlager auf dem Kairoer Tahrir-Platz stürmten und die dort campierenden Aktivisten mit Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen vertrieben. Rund 100 bis 200 Menschen hatten auf dem Platz ausgeharrt, nachdem sich am Freitag Zehntausende versammelt und friedlich gegen den regierenden Militärrat demonstriert hatten.

"Unangemessene Gewalt"

Ägyptische Polizisten feuern in die Menge (Foto: dapd)
Mit Gummigeschossen gegen das protestierende VolkBild: dapd

Die Nachricht von den Zusammenstößen am Samstag (19.11.2011) verbreitete sich rasch in der ägyptischen Hauptstadt, woraufhin immer mehr Menschen auf dem Tahrir-Platz zusammenströmten. Daraufhin wurden auch die Sicherheitskräfte massiv aufgestockt. Die Demonstranten warfen Steine und setzten ein gepanzertes Fahrzeug in Brand. Die Polizei riegelte Straßen ab und setzte erneut Gummigeschosse und Tränengas ein. Menschenrechtler sprachen von "unangemessener Gewalt". So habe ein Demonstrant durch ein Gummigeschoss sein rechtes Auge verloren. Bis zum Abend kam es immer wieder zu Scharmützeln. Nach Angaben des Innenministeriums wurden 20 Personen festgenommen, die vom Staatsfernsehen als "Unruhestifter" bezeichnet wurden.

Mindestens ein Mensch kam bei den Krawallen in Kairo ums Leben. Der Tote, ein 23-jähriger Mann, wurde durch einen Schuss in die Brust getötet, wie ein Arzt auf dem Tahrir-Platz sagte. Fast 700 Menschen, darunter etliche Polizisten, seien verletzt worden, teilten die ägyptischen Behörden mit. "Was auf dem Tahrir-Platz passiert, ist sehr gefährlich", warnte das ägyptische Kabinett in einer Erklärung. Der Kurs der Nation und der Revolution werde gefährdet. Auch in der Hafenstadt Alexandria wurden nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Mena zwei Demonstranten getötet. Heckenschützen hätten auf sie gefeuert, heißt es.

Ägyptische Demonstranten (Foto: dpa)
Am Freitag verlief die Demonstration auf dem Tahrir-Platz friedlichBild: picture-alliance/dpa

Zivilisten statt Militärs!

Die Demonstranten fordern eine schnelle Machtübergabe des Militärs an eine zivile Regierung. Der Protest richtet sich zudem gegen eine im Verfassungsentwurf der Regierung enthaltene Bestimmung, die Streitkräfte auch künftig der parlamentarischen Kontrolle zu entziehen. In Ägypten wird vom 28. November an in drei Phasen ein neues Parlament gewählt. Anschließend soll das Land eine neue Verfassung bekommen. Vor allem die Islamisten, die sich bei der Wahl gute Chancen ausrechnen, wollen keine Beschränkungen akzeptieren. Teilnehmer der Protestaktionen kündigten bereits an: "Wir formieren uns neu und kommen zurück."

Autor: Christian Walz (dapd, afp, dpa, rtr)
Redaktion: Michael Wehling