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Neue Machtspiele?

Verena Klein, Washington6. November 2012

Die Amerikaner wählen nicht nur ihren Präsidenten, sondern auch ihr Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats. Egal, wer Präsident wird, der Kongress droht, ihm die Laune zu verderben.

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Das Kapitol in Washington (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Das Kopf-an-Kopf-Rennen um das Weiße Haus zwischen Präsident Barack Obama und dem Republikaner Mitt Romney hält die Nation in Atem. Doch in welche Richtung das Land gehen wird, hängt nicht allein vom zukünftigen Präsidenten ab. Auch der US-Kongress hat einen maßgeblichen Anteil daran. Die meisten Gesetze müssen von beiden Kammern verabschiedet werden, und mit dem von den Republikanern dominierten Repräsentantenhaus hatte es der Präsident in den letzten beiden Jahren schwer. "Jetzt ist nicht die Zeit dafür, politische Spielchen zu spielen", appellierte Obama deswegen an die Abgeordneten. "Die Amerikaner erwarten, dass wir hart arbeiten, das werde ich tun und ich erwarte, dass die Abgeordneten das auch tun!" Eine Besserung der Situation ist aber auch in den kommenden beiden Jahren nicht in Sicht.

Am 6. November wählen die Amerikaner nicht nur ihren Präsidenten, es werden auch alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus sowie ein Drittel der 100 Mandate im Senat neu vergeben. Bei den Zwischenwahlen im November 2010 büßten die Demokraten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus ein, während die Republikaner mit einem Erdrutschsieg 63 Sitze hinzu gewinnen konnten und seither mit einer Mehrheit von 49 Sitzen die größere der beiden Kammern kontrollieren. Im Senat halten dagegen die Demokraten eine knappe Mehrheit mit 51 Sitzen, die Republikaner haben 47. Zwei Senatoren sind parteiunabhängig, stimmen aber mit den Demokraten.

Republikaner schießen sich ins Aus

"Rein rechnerisch können die Demokraten keine Mehrheit im Repräsentantenhaus erreichen", sagt Kyle Kondik, "sie müssten dafür 25 Sitze gewinnen." Kondik ist Politikanalyst an der Universität von Virginia und beschäftigt sich seit Jahren mit den US-Kongresswahlen. "Wir rechnen mit sieben Sitzen", erklärt er, die Mehrheitsverhältnisse blieben also, wie sie sind. Im Senat hingegen werde es spannender. Elf Rennen gelten als "Toss-ups", das bedeutet, dass sie an die eine oder an die andere Partei fallen könnten.

Zunächst sah es gar nicht so schlecht aus für die Republikaner. Eine Mehrheit im Senat war möglich, doch seit August ist sie unwahrscheinlich. Die Sitze in Missouri und Indiana seien für die Republikaner verloren. "Die haben sich selbst ins Aus geschossen", meint Experte Kondik. Die absurde Äußerung von Abtreibungsgegner Todd Akin in Missouri, dass Schwangerschaften nach einer "echten Vergewaltigung" nicht möglich seien, machte den Anfang. So verschaffte er der eher schwachen Demokratin Claire McCaskill gute Chancen auf eine Wiederwahl. Akins Parteikollege Richard Mourdock in Indiana setzte nach. Er sagte, dass eine Schwangerschaft auch nach einer Vergewaltigung "von Gott gewollt" sei. Wegen Mourdocks radikaler Einstellung könnte nun der Abgeordnete Joe Donnelly den Senatssitz für die Demokraten in Indiana zurückerobern.

Obama bei einer Rede vor dem US-Kongress (Foto: EPA/MIKE THEILER)
Egal, wer neuer Präsident wird - er wird es schwer haben, sich gegen den Kongress durchzusetzen.Bild: picture-alliance/dpa

Mehrheitsverhältnisse bleiben konstant

In Massachusetts erhöht die Linke Elizabeth Warren die Chancen der Demokraten, die Mehrheit im Senat zu erhalten. Sie liefert sich ein Rennen mit dem Republikaner Scott Brown. Der machte vor allem mit einer extrem negativen Kampagne gegen seine Herausforderin von sich Reden, was an seinem guten Image kratzte. Hinzu kommt, dass die Mehrheit dort ihr Kreuz traditionell bei den Demokraten macht. Auch in Montana und North Dakota sieht es für die Republikaner nicht gut aus. Zwar werden die Wähler für Romney stimmen, aber die Senatssitze in beiden Staaten werden an Demokraten gehen.

"Wer sich an den Stillstand und die Blockade im Kongress gewöhnt hat, der wird davon in den kommenden beiden Jahren nur noch mehr zu sehen bekommen", befürchtet Kondik. Die Demokraten werden ihre knappe Mehrheit im Senat behalten, die Republikaner können auf ihren komfortablen Vorsprung im Repräsentantenhaus zählen. "Alles bleibt wie es ist, nur schlimmer!" Sollte Obama wiedergewählt werden, wird er weiterhin große Schwierigkeiten haben, seine Vorhaben umzusetzen. "Wie die Reform des Einwanderungsgesetzes oder aber Initiativen zum Klimaschutz durch so einen Kongress gehen sollen, das ist mir nicht klar", sagt der Politikexperte. "Andererseits: Romney würde es auch nicht leicht haben!"

Kyle Kondik (Foto: Privat)
US-Politik-Experte Kyle Kondik warnt vor einer weiteren BlockadepolitikBild: privat

Schier unüberwindbare Hürden

Ende des Jahres wartet dann noch das größte Problem auf das Parlament. Die USA rasen auf die "Fiskalklippe" zu. Schreitet der Kongress nicht ein, droht ein Doppelschlag aus Steuererhöhungen und automatischen Budgetkürzungen. Mehrere Millionen Arbeitsplätze könnten dadurch bedroht sein. Um den Konjunkturkiller abzuwenden, müssten die Parteien ihre Unterschiede in der Steuer- und Haushaltspolitik überbrücken. Kondik zeigt sich wenig optimistisch: "Sie müssen einen Kompromiss finden, wie das gehen soll, weiß ich allerdings auch nicht!"