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Neue Regierung für Israel in Aussicht

Bettina Marx, Tel Aviv 10. Dezember 2004

Israels Ministerpräsident Ariel Scharon hat von seiner konservativen Likud-Partei die Zustimmung erhalten, Gespräche für eine große Koalition mit der Arbeitspartei zu führen. Die Verhandlungen sollen schnell beginnen.

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Wollen ins Gespräch kommen:<br> Peres und ScharonBild: AP

1410 Stimmen dafür, 856 Stimmen dagegen: Das ist das Ergebnis der Abstimmung im Zentralkomitee des Likud, der konservativen Partei von Ariel Scharon. Die Mitglieder dieses wichtigsten Parteigremiums gaben in der Nacht zum Freitag (10.12.2004) dem israelischen Ministerpräsidenten grünes Licht für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Arbeitspartei und den ultraorthodoxen Parteien. Schon am Freitag wolle er erste Gespräche mit dem Chef der Arbeitspartei, Schimon Peres, führen, erklärte Scharon nach der Abstimmung. Er hoffe, dass er innerhalb von wenigen Wochen eine neue Regierung bilden könne.

Millionenschwere Gegenleistungen

Scharon hat guten Grund für seinen Optimismus, denn bereits in den vergangenen Wochen hat er sich mit einer der ultrarorthodoxen Parteien weitgehend verständigt. Sie verlangt als Gegenleistung für ihre Unterstützung millionenschwere staatliche Zuwendungen für ihre religiösen und sozialen Einrichtungen. Auch die religiöse Shas-Partei soll der neuen Regierung beitreten. Ihr geistiges Oberhaupt Rabbi Ovadia Yosef hatte sich allerdings gegen den von Scharon geplanten einseitigen Rückzug aus dem Gazastreifen ausgesprochen. Dabei hatte er jedoch die Möglichkeit offen gelassen, einer Räumung zuzustimmen, die in Absprache mit den Palästinensern umgesetzt werde. Nach dem Tod von Palästinenserpräsident Jassir Arafat scheint dies nicht mehr aussichtslos zu sein.

Wichtiger für den Bestand einer stabilen Regierung ist aber der Beitritt der Arbeitspartei. Bereits im Sommer 2004 hat Scharon mit Parteichef Peres ausführliche und weitreichende Gespräche geführt. Damals scheiterte das Vorhaben jedoch am Widerstand des Likud. Im August letzten Jahres hatte sich das Zentralkomitee des Likud gegen eine Koalition mit der Arbeitspartei ausgesprochen. Erst als Anfang Dezember auch der letzte Koalitionspartner, die liberale Shinui-Partei, aus der Regierung ausgeschieden war und damit vorgezogene Neuwahlen drohten, begann sich das Blatt zugunsten Scharons zu wenden. Die Minister, die ihm im Sommer noch die Gefolgschaft verweigert hatten, unterstützten nun seinen Antrag.

Lautstarke Auseinandersetzungen

Die so genannten Rebellen um den ehemaligen Minister Uzi Landau lehnen nicht nur die Zusammenarbeit mit der Arbeitspartei ab, sie sind auch strikt gegen den Rückzug aus dem Gazastreifen und aus dem nördlichen Westjordanland. Am Rande der Versammlung des Likud-Zentralkomitees versuchten sie am Donnerstag (9.12.) noch einmal, Stimmung für ihre Position zu machen. Dabei kam es vor dem Konferenzsaal in Tel Aviv zu lautstarken Auseinandersetzungen.

Das Zentralkomitee der Arbeitspartei wird voraussichtlich am 12. Dezember zusammen kommen, um dem Beginn der Koalitionsverhandlungen seinerseits zuzustimmen. Die Führung der Arbeitspartei hat sich darauf verständigt, im nächsten Juni einen neuen Vorsitzenden zu wählen. Damit wurde die schwere Krise beigelegt, die die Partei zuletzt erschüttert und fast vollkommen gelähmt hatte.

Die erste Aufgabe der neuen Regierung wird es sein, den Staatshaushalt 2005 in die Knesset einzubringen. Bis Ende Dezember muss er die erste Lesung passieren. 2005 stehen dann der geplante Rückzug aus dem Gazastreifen und die Räumung von vier jüdischen Siedlungen im nördlichen Westjordanland an.