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technische Hilfsmittel

21. Oktober 2010

Die Regelhüter des internationalen Fußballs wollen die Einführung von technischen Hilfsmitteln zumindest prüfen. Ab sofort können sich Anbieter mit ihrer Technik beim Weltverband bewerben.

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Der Fußball-Weltverband FIFA präsentiert den neuen Spielball Adidas Teamgeist 2 mit Goal Line Technology. Durch diese Technologie kann der Schiedsrichter per Funk erkennen, ob der Ball hinter der Torlinie war. (Foto: Pressefoto ULMER)
Ein Chip im Ball - sieht so die Zukunft aus?Bild: picture-alliance / Pressefoto ULMER

Nie wieder Wembley-Tore. Das wollen die Fans und nun auch die Regelhüter des internationalen Fußballs. Denn nach der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 stand die Leistung der Schiedsrichter unter medialem Dauerbeschuss. Die Wächter der Fußball-Regeln, das International Football Association Board (IFAB), hat jetzt reagiert: Bei einer Tagung im walisischen Cardiff hat sich das Gremium auf Tests mit neuer Torlinien-Technologie geeinigt. Und es soll schnell gehen – bis Ende November können Anbieter der Tor-Technik ihre Entwicklungen dem Weltverband FIFA präsentieren. Die FIFA prüft die ausgewählte Technik dann anschließend in einer Testphase. Bei welchen Spielen getestet wird, steht noch nicht fest. Bisher hat das IFAB nur entschieden, welche Anforderungen die neue Technologie erfüllen soll:

Zu aller erst muss sie präzise sein und binnen einer Sekunde klären, ob ein Tor geschossen wurde oder nicht. Zudem hat das IFAB vereinbart, dass nur die Spieloffiziellen von dem Analyse-Ergebnis erfahren. Außerdem bleibt die Technik auf kritische Tor-Entscheidungen beschränkt. Versteckte Fouls oder Schwalben werden Torkamera und Co. also nicht aufklären. Ob die neuen Hilfsmittel tatsächlich eingeführt werden, ist nicht klar. Denn Regeländerungen kann das IFAB erst auf der nächsten Jahreshauptversammlung beschließen. Die nächste findet im März 2011 statt.

Der Törhüter der deutschen Nationalmannschaft, Manuel Neuer, schaut dem Ball hinterher. Dieser prallt von der Latte ab und kommt hinter der Torlinie auf dem Rasen auf. Doch der Schiedsrichter sieht das Tor nicht und es bleibt beim 2:1 für Deutschland im Achtelfinale gegen England während der Weltmeisterschaft 2010 im Free State Stadion in Bloemfontein, Südafrika.(Foto: AP)
Das "Wembley"-Tor der WM 2010. Solche Szenen will das IFAB künftig vermeiden.Bild: AP

FIFA und UEFA: Torrichter statt Technik

Videobeweis oder Chip im Ball – dass das IFAB darüber diskutierte, ist eine Kehrwende. Denn technische Hilfsmittel stießen seit je her auf ein geteiltes Echo. Der Fußball-Weltverband FIFA unter Präsident Sepp Blatter wehrte sich lange Zeit gegen technische Unterstützung. Blatter war bisher der Meinung, dass die Faszination Fußball durch die Technik verloren gehe. Fußball dürfe nicht "wissenschaftlich" werden, so Blatter. Doch dies klang nicht immer so. 2005 war Präsident Blatter noch optimistisch, dass die Technik in die Stadien einziehe. Er verkündete, er sei "hundertprozentig sicher", dass der Chip im Ball bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland eingesetzt werde. Doch bei einem Testlauf des Chips bei der U 17-WM in Peru im Herbst 2005 wurden Schwächen der Technik deutlich: Der Chip gab dem Schiedsrichter nicht nur ein Signal, wenn der Ball im Tor war, sonder auch, wenn er neben dem Tor die Torlinie überquerte.

Die FIFA wendete sich deswegen einer anderen Technik zu: In der italienischen Serie A und bei den U20- und U17-Weltmeisterschaften in Kanada und Südkorea wurden Torkameras getestet. Hochauflösende High-Speed-Kameras überwachten die Torlinie aus 20 Metern Höhe. Doch im März 2008 war Schluss mit den Technik-Experimenten. Die Regelhüter des internationalen Fußballs entschieden sich für die menschliche Lösung des Tor-Problems: Sie beschlossen, zwei zusätzliche Schiedsrichter-Assistenten im Tor-Bereich einzusetzen. Auch der europäische Fußballverband UEFA ist für die Torrichter. "Der Fußball soll menschlich bleiben", bekräftigt Präsident Michel Platini. In der Europa League und mittlerweile auch in der Champions League und bei der Qualifikation für die Europameisterschaft 2012 wird der Einsatz der Torrichter getestet.

Bundesliga-Trainer für technische Hilfsmittel

Bayern Münchens Trainer Louis van Gaal gestikuliert an der Seitenlinie. (Foto: dpa)
Bayern-Trainer van Gaal fordert technische HilfsmittelBild: picture alliance/dpa

Die Mehrheit der Bundesliga-Trainer spricht sich dagegen für die Tor-Technik aus. Bayern Münchens Trainer Louis van Gaal hatte sich nach der WM vehement für den Videobeweis eingesetzt. Bayern-Präsident Uli Hoeneß erklärt, dass die Torkamera die einzige elektronische Hilfe sei, die "keine Diskriminierung des Schiedsrichters bedeutet". Durch die Fehlentscheidungen der Schiedsrichter bei der Weltmeisterschaft 2010 stand das IFAB nun unter Zugzwang. In Cardiff diskutierte das IFAB deswegen nicht nur über Torrichter, Chips in Bällen und Torkameras. Insgesamt standen 13 verschiedene Torlinien-Technologien auf der Tagesordnung.

Mit der Entscheidung, neue Torlinien-Technologien zu prüfen, beginnt eine neue Fußball-Ära, in der es vielleicht schon bald keine Wembley-Tore mehr geben könnte.

Autorin: Laura Döing (mit sid, dpa)
Redaktion: Wolfgang van Kann