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Vorwürfe, keine Beweise

27. März 2009

Hat Deutschland den USA geholfen, Terrorverdächtige in geheime Gefängnisse zu verschleppen? Um diese Frage ging es im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss. Geklärt wurde sie nicht.

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Europarat-Ermittler Dick Marty (Foto: AP)
Europarat-Ermittler Marty war am Donnerstag im BND-Untersuchungsausschuss- harte Beweise hatte er nicht dabeiBild: AP

Sein Bericht sorgte für Schlagzeilen: Die USA und Verbündete in Europa hätten im Anti-Terror-Kampf massiv gegen Menschenrechte verstoßen. Der Schweizer Ermittler Dick Marty hatte vor knapp drei Jahren im Auftrag des Europarates recherchiert, ob Terror-Verdächtige in getarnten Flugzeugen vom US-Geheimdienst CIA in geheime Gefängnisse, unter anderem in Polen und Rumänien verschleppt wurden. Dabei soll Deutschland behilflich gewesen sein. Am Donnerstag (26.3.) wiederholte Marty seine Vorwürfe erstmals vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Berlin.

Die Erwartungen der Oppositionsvertreter an den Zeugen Marty waren hoch. Denn sie sind davon überzeugt, dass deutsche Stellen den Amerikanern dabei behilflich waren, Terror-Verdächtige zu verschleppen. Beweise dafür allerdings konnte auch der Grünen-Obmann im Ausschuss, Hans-Christian Ströbele, bislang nicht liefern. Diese erhoffte er sich vom Sonderermittler des Europarates, der in seiner früheren Tätigkeit als Staatsanwalt viel mit organisierter Kriminalität und Drogen-Schmuggel befasst war. Und der eigenen Angaben zufolge über hervorragende Kontakte vor allem zu US-amerikanischen Geheimdienst-Kreisen verfüge.

Anonymer Informant

Marty hat mit rund 30 Informanten gesprochen. So genannten Whistle-Blowern, die anonym und ohne eigennützige Motive über illegales Handeln berichten. Mehr über diese Hinweis-Geber zu erfahren, war die große Hoffnung des Abgeordneten Ströbele kurz vor Beginn der Zeugen-Befragung: "Wenn er uns sagt, das sind hochrangige Leute aus dem Bundesnachrichtendienst oder der CIA und die hätten ihm auch belegt, dass die von ihnen gegebenen Informationen richtig sind, wäre das etwas, was wir zu berücksichtigen hätten."

Ströbeles Hoffnungen indes blieben unerfüllt, weil Sonderermittler Marty keinerlei Angaben zur Identität seiner Informanten machte. Um sie nicht zu gefährden, begründete der Schweizer seine Zurückhaltung.

Der SPD-Obmann im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss, Michael Hartmann, fand die Vorladung Dick Martys überflüssig. Der Zeuge habe lauter Vermutungen und Ahnungen vorgetragen, aber in der Sache selbst zu nichts beitragen können. Er, Hartmann, habe Marty gefragt, ob dieser "irgendwelche Hinweise über eine Beteilung Deutschlands" an Gefangenen-Verschleppungen habe: "Er hat gesagt: Nein. Also ziehe ich daraus die Wertung, dass er nichts weiß. Und es gibt auch keine Hinweise, die er zusätzlich hat und die uns helfen würden, unseren Untersuchungsauftrag zu erfüllen."

"Sehr glaubhaft und hilfreich"

Hellmut Königshaus von den oppositionellen Liberalen fanden die Befragung des Europarat-Sonderermittlers trotz fehlender nachprüfbarer Beweise für hilfreich. Dick Marty habe kein persönliches Interesse an falschen Aussagen zu Geheimflügen, sogenannten 'renditions'. Er halte ihn für "sehr glaubhaft": "Insbesondere seine Schlussfolgerung, dass die Dienste in den beteiligten Ländern, in denen solche Geheimflüge stattgefunden haben, davon gewusst haben müssen, weil sie sonst entweder dumm gewesen sind oder eben mitgewirkt haben, diese Schlussfolgerung ist ja nicht völlig abwegig."

Mit der Befragung des Europarat-Sonderermittlers Dick Marty ist die Beweis-Erhebung des Geheimdienst-Untersuchungsausschusses weitestgehend abgeschlossen. Bis zum Sommer muss der Abschluss-Bericht vorliegen. Dem Schluss des SPD-Obmanns Michael Hartmann kann auch die Opposition zustimmen: "Dass es die Entführungsflüge gab, dass es ein unrechtmäßiges Verhalten der Vereinigten Staaten von Amerika im Kampf gegen den Terror gab, steht fest."

Grüne, Liberale und Linke bleiben darüber hinaus bei ihrer Einschätzung, Deutschland habe im Anti-Terror-Kampf Menschenrechte missachtet. Und sie schließen sich dem Vorwurf des Europarat-Ermittlers Dick Marty an, europäische Regierungen, darunter die deutsche, würden unter Hinweis auf angebliche "Staatsgeheimnisse" Menschenrechts-Verletzungen verschleiern.

Marcel Fürstenau

Redaktion: Manfred Götzke