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Neuer Anlauf zur EU-Verfassung verzögert sich

6. Juni 2006

Der französische Präsident Jacques Chirac hat sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Rheinsberg bei Berlin getroffen. Bei den informellen Gesprächen ging es vor allem um die Zukunft der EU-Verfassung.

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Merkel und Chirac in BrandenburgBild: AP

Das Ringen um eine europäische Verfassung verschlingt offenbar mehr Zeit als bisher geglaubt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Jacques Chirac sprachen sich am Dienstag 86.6.2006) im brandenburgischen Schloss Rheinsberg für eine Phase des Nachdenkens vor einem neuen Anlauf im Verfassungsprozess aus. Deutschland solle während seiner EU-Ratspräsidentschaft 2007 aber mit der Ausarbeitung eines neuen Vorschlages beginnen, sagte der Präsident.

Deutschland könne aus den verschiedenen Verbesserungsvorschlägen einen neuen Kompromiss ausarbeiten, erklärte Chirac. Bis zur französischen Ratspräsidentschaft 2008 könne dann weiter an einer Einigung gearbeitet werden. "Bis dahin muss die Funktionsweise der europäischen Institutionen im Rahmen der bestehenden Verträge verbessert werden", sagte der Präsident. Er setze große Hoffnung auf die deutsche Präsidentschaft, um "den Zug wieder auf die richtige Schiene zu bringen."

"Europa hat seine Probleme immer überwunden"

Merkel sprach davon, "dass die Frage der Verfassung in der deutschen Ratspräsidentschaft wieder auf die Tagesordnung kommt". Das Ergebnis der Denkpause sei aber noch offen, erklärte sie. Die erweiterte EU müsse entscheidungsfähig bleiben. Vor einem Jahr hatten neben den Niederländern auch die Franzosen den vorliegenden Verfassungsentwurf in einer Volksabstimmung abgelehnt. Damit war das Projekt ins Stocken geraten.

Sowohl Chirac als auch Merkel äußerten sich optimistisch darüber, dass am Ende der Bemühungen eine gemeinsame Verfassung stehen werde. Europa habe seine Probleme immer überwunden, erklärte Chirac. Die Kanzlerin sagte, die Kreativität der europäischen Politik habe immer Lösungen in schwierigen Situationen gefunden.

Der Atomstreit mit dem Iran

Weiteres Thema der informellen Beratungen war der Atomstreit mit dem Iran. Merkel würdigte die Initiative des EU-Außenbeauftragten Javier Solana in Teheran als wichtigen zusätzlichen Schritt zu einer Verhandlungslösung. Das Angebot der Staatengemeinschaft solle erneut dokumentieren, dass der Westen an einer Verhandlungslösung interessiert ist, sagte die Kanzlerin, ohne Details zu nennen. Es gehe nicht darum, dem Iran die friedliche Nutzung der Kernenergie zu untersagen. Das Land müsse aber die Regeln der internationalen Atomenergiebehörde IAEA einhalten.

Zu den Anreizangeboten an Teheran gehören nach undementierten Berichten ein Leichtwasserreaktor zusätzlich zu dem von den Russen errichteten Reaktor Buschehr. Außerdem steht danach die Aufnahme des Iran in die Welthandelsorganisation WTO im Raum sowie erstmals nach 27 Jahren die Lieferung von US-Ersatzteilen für die alternde iranische Boeing-Luftflotte sowie um neue US-Zivilflugzeuge. Außerdem ist ein Handels- und Kooperationsabkommen mit der EU angedacht, das wegen des Atomkonflikts auf Eis gelegt wurde.

An der Zusammenkunft Merkels und Chiracs im Rahmen der so genannten Blaesheim-Treffen nahmen auch die Außenminister beider Länder, Frank-Walter Steinmeier und Philippe Douste-Blazy, teil. Die Blaesheim-Treffen finden seit 2001 regelmäßig abwechselnd in Deutschland und Frankreich statt. (wga)