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Neuer russischer Vermittlungsversuch im Atomstreit

20. Februar 2006

Gespannt, aber ohne große Hoffnung blicken die USA, Israel und die Länder der EU nach Moskau: Russland will von diesem Montag an mit dem Iran über einen Ausweg aus dem Atomstreit verhandeln.

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Kremluhr: "Fünf vor Zwölf" ist es schon längst nicht mehr im AtomstreitBild: AP

"Wir gehen davon aus, dass die russisch-iranischen Gespräche wie vorgesehen stattfinden", sagte Michail Kamynin, ein Vertreter des russischen Außenministeriums am Sonntag (19.2.2006) der Nachrichtenagentur Itar-Tass. Nach einigem Hin und Her hat sich die iranische Führung doch noch bereit erklärt, in Moskau über die vom Kreml vorgeschlagene gemeinsame Urananreicherung auf russischem Territorium zu sprechen.

Iran vertraut Russland

Unter bestimmten Bedingungen könnte der Iran sein Uran in Russland anreichern lassen, sagte Irans Außenminister Manuchehr Mottaki am Sonntag, wie die amtliche Nachrichtenagentur Irna verbreitet. Wenn der russische Plan zu einem umfassenden Vorschlag führe, werde der Iran daran interessiert sein, so Mottaki. Von Bedeutung seien dabei die beteiligten Partner, die Dauer und der Ort des Projekts sowie ein Konsens aller Parteien. Mottaki bekräftigte jedoch, sein Land werde keine Bedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen akzeptieren. Entscheidend sei, dass dem Iran die Nutzung der Atomenergie im eigenen Land nicht verboten werden dürfe, hatte der iranische Parlamentspräsident Gholam Ali Haddad Adel bereits am Freitag während eines Besuchs in Kuba klargestellt.

Im Mittelpunkt der Verhandlungen in Moskau steht der Kernbrennstoff Uran. Eine schwache Anreicherung von drei bis fünf Prozent reicht zur Herstellung von Atomstrom. Wird das Uran dagegen in einem wesentlich aufwendigeren Verfahren auf mindestens 90 Prozent angereichert, kann es zur Fertigstellung einer Atombombe genutzt werden.

Gratwanderung

Der Westen und Russland wollen verhindern, dass Teheran unter dem Deckmantel der zivilen Kernenergie-Nutzung heimlich an einem Atomwaffenprogramm arbeitet. Russland fürchtet eine Atombombe in den Händen der Mullahs, will aber gleichzeitig den wichtigen Handelspartner Iran nicht verlieren. Als erstmaliger Vorsitzender der G8-Industriestaaten müht sich Russland nach Kräften, in diesem Jahr mit außenpolitischen Erfolgen zu glänzen. Eine Entspannung im Iran-Konflikt käme den Russen in mehrfacher Hinsicht zugute. Iran spielt für die russische Exportwirtschaft nicht nur als Käufer von Rüstungsgütern eine wichtige Rolle. Seit Jahren arbeiten russische Ingenieure an der Fertigstellung des ersten iranischen Kernkraftwerks in Buschehr am Persischen Golf. Der Kreml beteuert, dass dieses Projekt in keinem Zusammenhang mit dem befürchteten Atomwaffenprogramm stehe.

Die Vorteile Russlands

Die russische Führung hatte sich im internationalen Streit um das iranische Atomprogramm zuletzt bedeckt gehalten. Auch jüngste Meldungen aus Teheran, wonach Iran ein angebliches Angebot der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zur geringen Urananreicherung als Pilotprojekt vor Ort begrüße, blieb zunächst ohne Reaktion aus dem Kreml. Präsident Wladimir Putin setzt auf die Minimalchance eines Durchbruchs und wollte die empfindlichen Verhandlungspartner aus Teheran nicht schon im Vorfeld verschrecken.

Nach Einschätzung westlicher Diplomaten in Moskau verfügt Russland derzeit im Gegensatz zu den USA und der Europäischen Union über einen strategischen Vorteil im iranischen Atomstreit: Die Führung in Teheran redet zumindest noch mit Moskau. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn sowohl bei den russisch-iranischen Verhandlungen im November 2005 in Teheran sowie vor vier Wochen in Moskau beharrten die iranischen Verhandlungsführer lediglich auf dem Standpunkt, die Anreicherung im eigenen Land so schnell wie möglich voranzutreiben. (arn)