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Streit in Helsinki

24. November 2006

Beim EU-Russland-Gipfel hat Russlands Präsident Putin die EU scharf kritisiert. Moskau fühlt sich bei der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU übergangen. Polen blockiert weiter die Verhandlungen mit Russland.

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Die finnische Präsidentin Tarja Halonen empfängt Wladimir Putin (m.) in Helsinki (23.11.2006)
Die finnische Präsidentin Tarja Halonen empfängt Wladimir Putin (m.) in Helsinki (23.11.2006)Bild: AP

Der EU-Russland-Gipfel in Helsinki wurde am Freitag (24.11.2006) von einem neuen Streit überschattet. Der russische Präsident Wladimir Putin griff die EU auf dem Gipfel scharf an, weil diese zum Jahreswechsel Bulgarien und Rumänien ohne vorherige Konsultation mit Moskau aufnehmen wird. Zuvor hatte Polens Blockade der Verhandlungen bereits für Verstimmungen gesorgt.

"Es ist bedauerlich, dass die EU sich für die Aufnahme beider Länder entschieden hat, ohne uns im Interesse aller Beteiligten zu konsultieren", sagte Putin auf dem Gipfeltreffen. Die EU-Kommission wies die Kritik an der bevorstehenden Erweiterung zurück. "Das ist eine Entscheidung, die die EU zu treffen hat", sagte eine Sprecherin in Brüssel.

Hintergund für die Kritik Putins ist Russlands Angst vor minderwertigen Fleischimporten aus Rumänien und Bulgarien. In beiden Ländern grassiert die Schweinepest. Putin erklärte in Helsinki, er habe nun keine andere Wahl, als alle Fleischimporte aus der EU ab Januar zu verbieten. Auch über andere EU-Länder könne rumänisches oder bulgarisches Fleisch nach Russland gelangen. Die EU-Kommission will nun Experten nach Moskau entsenden, um die russischen Stellen über bestehende Sicherheitsvorkehrungen zu informieren. Denn auch nach dem EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens darf kein Schweinefleisch aus diesen Ländern in andere EU-Staaten eingeführt werden.

Genug Porzellan zerbrochen

Polens Präsident Kaczynski blockiert die EU-Gespräche mit Russland
Polens Präsident Kaczynski blockiert die EU-Gespräche mit RusslandBild: AP

Der neue Streit kommt der EU ungelegen. Denn in Helsinki ist bereits genug Porzellan zwischen der EU und Russland zerbrochen, nachdem Polen mit einem Veto die Verhandlungen über ein neues Kooperationsabkommen blockiert hat. Die EU möchte mit dem Abkommen vor allem faire Bedingungen in der Energiepolitik festschreiben. Grund für die polnische Blockade sind russische Importverbote für polnisches Fleisch und Gemüse. Auch der mysteriöse Tod der ehemaligen russischen Spions Alexander Litwinenko belastet die Stimmung auf dem Gipfel.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der gemeinsam mit dem finnischen Ministerpräsidenten Matti Vanhanen die EU vertritt, wollen Putin in Helsinki überzeugen, im Streit um die Einfuhr der polnischen Lebensmittel einzulenken. Putin sagte aber, Moskau halte am Einfuhrverbot fest. Wegen Korruption beim polnischen Zoll sei nicht gesichert, das kein verunreinigtes Fleisch nach Russland gelangen könne. Barroso hatte das Importverbot zuvor als "unverhältnismäßig" bezeichnet. Mit einer Aufhebung des Verbots könnte Polen sein Veto zurückziehen. Dann wäre der Weg frei für die Verhandlungen.

Solana trotz aller Konflikte zuversichtlich

EU-Chefdiplomat Javier Solana ist trotz aller Konflikte zuversichtlich. Die Blockade des geplanten Partnerschaftsabkommens mit Russland könne überwunden werden, sagte Solana in Helsinki. Andere EU-Vertreter bemühten sich, die Streitfragen mit Russland herunter zu spielen. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte, die Beziehungen zwischen der EU und Russland seien trotz des polnischen Vetos "nicht verpfuscht". "Wir haben zahlreiche andere Themen zu diskutieren", sagte sie. Neben Energiefragen steht der Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) auf der Agenda.

Einigung über Fluggebühren erzielt

Eine Einigung wurde in Helsinki im Streit über Gebühren erzielt, die europäische Fluggesellschaften für Flüge über Sibirien zahlen müssen. Die Flugmaut soll bis Ende 2013 auslaufen, teilte ein Kommissionssprecher in Brüssel mit. Die Abschaffung der Gebühren war eine der Bedingungen, an die die EU ihre Zustimmung zu einem WTO-Beitritt Russlands geknüpft hat. Allein in diesem Jahr mussten europäische Fluggesellschaften fast 300 Millionen Euro an Russland zahlen. (tos)