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Neues Patt auf Zypern

Vedat Acikgöz18. April 2005

Mehmet Ali Talat ist der Sieger der Präsidentschaftswahlen in Nordzypern. Von türkischer Seite steht nun einer Annäherung an Europa und der Wiedervereinigung wenig entgegen - der griechische Teil blockiert.

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Gegen die Zwei-Staaten-Lösung auf Zypern: Mehmet Ali TalatBild: dpa

Zypern ist seit 1974 in eine griechische und eine türkische Hälfte geteilt. Eine Wiedervereinigung wurde im vergangenen Jahr verpasst, als die Inselgriechen dagegen votierten. Trotz der ablehnenden Haltung ihres Präsidenten Rauf Denktasch stimmten die türkischen Zyprer mit "Ja" und somit auch für eine gemeinsame Zukunft auf der Insel.

Ende einer Ära

Nun hat der bisherige Ministerpräsident Mehmet Ali Talat den seit 1976 amtierenden Rauf Denktasch abgelöst, der sich in den Ruhestand verabschiedete. Talat gilt ein Mann des Ausgleichs und des Dialogs mit den Griechen. Damit könnte eine Wiedervereinigung der Insel und der EU-Beitritt Gesamt-Zyperns eigentlich wieder näherrücken - insofern die Inselgriechen unter Präsident Papadopoulos sich dazu bewegen ließen, ihre Blockade-Haltung aufzugeben.

Pro-Europäer Talat gewinnt Wahl im türkischen Teil Zyperns
Bild: dpa

Rauf Denktasch war fast 30 Jahre Präsident der international nicht anerkannten "Türkischen Republik Nordzypern". Für ihn ist es ein trauriger Abschied. Denn sein Wunsch, Präsident einer eigenständigen und auch international anerkannten Republik zu werden, hat er mit seiner Politik nicht erreicht. Auch stand in der letzten Zeit der große Bruder, die Türkei, nicht mehr hinter ihm. Seine große Zeit hatte Denktasch vor 21 Jahren, im Jahre 1983, als er unter frenetischem Beifall seiner Landsleute die "Türkische Republik Nordzypern" proklamierte.

"Alle zehn Finger"

Doch in den letzten Jahren hatte er unter seinen Volksgenossen viel an Sympathie verloren. Vor einem Jahr, als zwei Drittel der Nordzyprer für den sogenannten Annan-Plan des UN-Generalsekretärs stimmten, war er gegen eine Wiedervereinigung der Insel. Denn er war überzeugt, dass Griechen und Türken nicht zusammenleben können: "Wenn man den Griechen einen Finger hinhält, dann nehmen sie sich alle zehn", sagte er gerne.

Der neue Präsident Mehmet Ali Talat sieht das anders. Mit seiner pro-europäischen Politik steht er für einen Dialog mit den Inselgriechen. Deshalb sei der Abgang von Rauf Denktasch eine positive Entwicklung. "Besonders in den letzten Jahren hat er zwischen sich und dem türkischen Volk auf Zypern eine Kluft geschaffen", sagte Talat kurz vor den Wahlen. "Herr Denktasch hat keinen Bezug mehr zu seinem Volk, er repräsentiert nicht mehr das Volk und dessen Wünsche, Gefühle und Ängste."

Am Ausgleich interessiert

Mit dem neuen Präsidenten Mehmet Ali Talat hat die Wiedervereinigung und somit auch der automatische Beitritt Nordzyperns in die Europäische Union höchste Priorität. Heinz Kramer, Zypernexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, ist sich sicher, die Politik von Talat werde sich deutlich von der Denktaschs unterscheiden. "Denktasch war die ganze Zeit darum bemüht, so etwas wie eine Zweistaatentheorie auf Zypern durchzusetzen", erläutert er. Talat hingegen sei wirklich daran interessiert, einen Ausgleich mit der griechischen Seite im Sinne einer Überwindung der Teilung herbeizuführen. Im Gegensatz zu Denktasch gehe Talat von einer Gemeinsamkeit beider Volksgruppen auf Zypern aus und strebe nicht eine weitgehend getrennte Existenz an.

Volksabstimmung Zypern Präsident Tassos Papadopoulos
Tassos PapadopoulosBild: AP

Trotz des Machtwechsels auf Nordzypern sei eine Lösung in absehbarer Zeit nicht in Sicht, so Kramer. Denn die Verweigerungspolitik, die früher Denktasch betrieben habe, sei mittlerweile auf der griechischen Seite von Präsident Tassos Papadopoulos übernommen worden: "In nahezu ironischer Weise hat sich im letzten Frühjahr auf der griechisch-zyprischen Seite eine politische Kraft etabliert, die die Verweigerungspolitik von Denktasch unter griechischen Vorzeichen fortsetzt", sagt Kramer. Papadopoulos wolle eine eindeutig griechisch-zyprische Dominanz erreichen, bei der die türkischen Zyprer faktisch einen Minderheitenstatus auf der Insel bekämen. Seit dem EU-Beitritt Griechisch-Zyperns ist der Spielraum der Gemeinschaft begrenzt.