1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neues Spitzentreffen zur Wirtschaftskrise

22. April 2009

Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften sind in Berlin zu einem Spitzengespräch zusammengekommen. Ziel des Treffens im Kanzleramt ist die Überprüfung der bisherigen Konjunkturmaßnahmen.

https://p.dw.com/p/Hbkc
Arbeiter schraubt an einer Turbine (Foto: AP)
Einigkeit: Massenentlassungen sollen verhindert werdenBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel will mit Vertretern von Unternehmen, Banken, Verbänden und Gewerkschaften die gegenwärtige Krise neu einschätzen und bewerten. So soll auch darüber diskutiert werden, wie Massenentlassungen verhindert werden können. Thema der Spitzenrunde dürfte auch das gemeinsame Gutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute sein, das am Donnerstag (23.04.2009) vorgelegt werden soll. Nach Ansicht der Regierung zeigen die beiden Konjunkturpakete mit einem Gesamtvolumen von 80 Milliarden Euro bereits erste Wirkungen. Allerdings wollen Regierung und Wirtschaft abwarten, bis die Maßnahmen voll greifen. Ein drittes Konjunkturpaket, wie es vor allem die Gewerkschaften fordern, haben Merkel und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier im Vorfeld bereits abgelehnt.

DGB fordert weitere Konjunkturmaßnahmen

Porträt von DGB-Chef Michael Sommer (Foto: AP)
DGB-Vorsitzender Sommer fürchtet soziale Unruhen, wenn die Regierung nicht weitere Gelder zur Verfügung stelltBild: AP

Im Kampf gegen die Krise hatte DGB-Chef Michael Sommer weitere Konjunkturmaßnahmen und Investitionen im Umfang von 100 Milliarden Euro gefordert. Hinzu kämen dann noch Mittel für die Rettung von Firmen, etwa des Autobauers Opel. Die Lage in Deutschland habe sich dramatisch verschärft, sagte Sommer im Zweiten Deutschen Fernsehen. Die ersten Konjunkturpakete zeigten zwar Wirkung, sie reichten aber nicht aus. Aus vielen Branchen kämen inzwischen Alarmmeldungen. Nötig seien unter anderem eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes, Anreize wie die Abwrackprämie, aber auch Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen. Sommer mahnte die Unternehmen erneut, Entlassungen um jeden Preis zu verhindern. Gelinge dies nicht, drohten Deutschland soziale Unruhen. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz hat bereits die Bereitschaft signalisiert, das Kurzarbeitergeld von 18 Monate auf zwei Jahre zu verlängern, um weitere Entlassungen zu verhindern.

Arbeitgeber sollen entlastet werden

Arbeitslose bei der Bundesagentur für Arbeit(Foto: AP)
Um Massentlassungen zu vermeiden, fordern Arbeitgeber die Verlängerung des KurzarbeitergeldesBild: picture-alliance/ ZB

Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt will bei dem Treffen vor allem auf eine angemessene Finanzierung der Unternehmen durch die Banken dringen. Dies habe "oberste Priorität", da sich das Problem verschärfe - "zunehmend insbesondere auch zulasten des Mittelstandes", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Zudem sollten die Arbeitgeber befristet für 2009 und 2010 vollständig von den Sozialversicherungsbeiträgen auf Kurzarbeitergeld befreit werden.

Ähnlich äußerte sich auch der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser. Dies solle nicht nur gelten, wenn Unternehmen Kurzarbeiter qualifizieren, sagte er der "Financial Times Deutschland". Wenn Kurzarbeit das wichtigste flankierende Arbeitsmarktinstrument in der Konjunkturkrise sei, dann sollte man dieses in den möglichen zwei Krisenjahren konsequent nutzen.

Kannegiesser sprach sich auch dafür aus, Fachkräfte bei drohender Arbeitslosigkeit besonders zu unterstützen. Statt sie in der Krise dem freien Fall zu überlassen, sollen sie in neu gegründeten Beschäftigungsgesellschaften betreut werden. "Diese Ingenieure, ob sie im Betrieb sind oder aus dem Studium kommen, dürfen wir jetzt nicht verlieren", sagte Kannegiesser.

Steuerschätzer erwarten riesige Steuerausfälle

Viele Neuwagen auf einem Parkplatz (Foto: dpa)
Vor allem die Autoindustrie ist vom Konjunktureinbruch stark betroffenBild: AP

Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" werden die Steuereinnahmen infolge der Wirtschaftskrise in einem historisch beispiellosen Ausmaß einbrechen. Mit der Steuerschätzung befasste Experten gingen in ersten Berechnungen davon aus, dass Bund, Länder und Gemeinden in diesem und in den kommenden vier Jahren bis zu 200 Milliarden Euro weniger einnehmen werden als bisher erwartet. Allein im laufenden Jahr fehlen danach aufgrund der Rezession zwischen 25 und 30 Milliarden Euro. Das Loch werde dann von Jahr zu Jahr größer, weil auch für die Folgejahre die Schätzungen nach unten korrigiert werden müssten. Die offizielle Steuerschätzung für den Zeitraum 2009 bis 2013 wird am 14. Mai vorgelegt.

Städte spüren erste Entlastungen nach Konjunkturprogramm

Innenstadt von Dresden (Foto:AP)
Deutschlands Städten geht es schon wieder besserBild: AP

Die Kommunen lobten vor dem Gespräch im Kanzleramt die bisherigen Maßnahmen zur Wachstumsförderung. Das zweite Konjunkturprogramm zeige schon Wirkung in den Städten, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, der "Berliner Zeitung". Handwerker und Firmen hätten die ersten Aufträge auf dem Tisch. Das Baugewerbe klagt dagegen über Verzögerungen bei der Umsetzung der Konjunkturprogramme. Verbandsgeschäftsführer Felix Pakleppa sagte der Zeitung, dass die Aufträge aus den Konjunkturpaketen noch nicht in den entsprechenden Betrieben angekommen seien.

Im Dezember vergangenen Jahres, als sich das Ausmaß der Krise allmählich abzeichnete, hatte die Kanzlerin schon einmal zum Konjunkturgipfel geladen. Konkrete Beschlüsse gab es damals nicht, wohl aber die Willensbekundung, mit einem gemeinsamen Kraftakt die Krise zu bewältigen. (as/wa/dpa/ap/afp)