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Neues Wahlgesetz in Tschechien verabschiedet

20. Dezember 2001

- Nach monatelangem Ringen haben die Parteien einen tragbaren Kompromiss gefunden

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Prag, 20.12.2001, PRAGER ZEITUNG, deutsch

Das tschechische Parlament hat endlich das Wahlgesetz verabschiedet, nach dem in den kommenden Wahlen die Stimmen ausgezählt werden sollen. Damit ist wohl die wichtigste Hürde überwunden, die dem anberaumten Wahltermin im Juni kommenden Jahres noch im Wege hätte stehen können. Der Senat hat schon angedeutet, den nach mehreren Monaten erzielten Kompromiss passieren zu lassen. Anschließend fehlt nur noch die Unterschrift von Präsident Vaclav Havel.

Größter Streitpunkt des legislativen Tauziehens war bisher der Status des Wahlbündnisses aus Freiheitsunion (US), KDU-CSL, ODA und DEU, die so genannte Viererkoalition. Durch die Fusion von US und DEU ist sie faktisch zu einem Dreiparteienbündnis geworden. Für die Viererkoalition gilt die Regel: Drei Parteien müssen zusammen dreimal die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, also braucht die Viererkoalition mindestens 15 Prozent der Stimmen zum Einzug in das Abgeordnetenhaus. Nach dem alten Wahlsystem hätte einem Dreiparteienbündnis neun Prozent der Wählerstimmen zum Einzug ins Abgeordnetenhaus genügt.

Weitere Änderungen bringt die Aufteilung des Landes in 14 Wahlkreise gemäß den neuen Verwaltungseinheiten, den Kreisen. 1998 wurde noch in nur acht Wahlkreisen gewählt. Damals fanden die Wahlen an nur einem Tag, dem Samstag statt. Im kommenden Jahr werden die Wähler ihre Stimme neben dem Samstag auch schon am Freitag abgeben können. Außerdem haben die Wähler mittels der so genannten Präferenzstimmen eine größere Möglichkeit der Personenwahl in ihrem Wahlkreis. Mit dieser Stimme kann die Reihenfolge der Kandidatenlisten der Parteien noch einmal durcheinandergerüttelt werden.

Egal wer als Sieger aus den nächsten Wahlen hervorgeht, den Steuerzahler kommen sie auf jeden Fall teurer. Denn der Staat wird jede abgegebene Wählerstimme mit 100 Kronen statt der bisher üblichen 90 Kronen vergüten. Darüber hinaus ist die Grenze für den Erhalt dieser Summe von drei Prozent auf die Hälfte herabgesetzt worden. Die Kaution, die eine Partei vor den Wahlen hinterlegen muss, ist von 40.000 auf 15.000 Kronen pro Wahlkreis herabgesetzt worden. Das wird Splitterparteien einen Anreiz schaffen, sich in den Wahllisten registrieren zu lassen.

Ausgezählt werden die Stimmen nach dem klassischen d’Hondt-Verfahren, was die stärkeren Parteien begünstigt und die kleineren benachteiligt gegenüber der 1998 angewandten Auszählungspraxis. Die regierenden Sozialdemokraten hätten sich beispielsweise über gleich fünf neue Abgeordnete freuen können, während der KDU-CSL wiederum ein Fünftel ihrer Sitze verloren gegangen wäre, wäre vor drei Jahren das jetzt verabschiedete Verfahren schon angewandt worden. (ykk)