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Ohne Geld keine Kunst

Lena Bodewein2. Oktober 2008

Die Turbulenzen an der Wall Street haben der Großzügigkeit von New Yorks Kunstliebhabern einen empfindlichen Dämpfer verpasst. Nun könnte die gesamte kulturelle Szene der Stadt in finanzielle Nöte geraten.

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Die bei Nacht beleuchtete Carnegie Hall (Quelle: AP)
Könnten in der New Yorker Carnegie Hall wirklich bald die Lichter ausgehen?Bild: AP

Leonard Bernstein spielt Gershwin - die Carnegie Hall hat zu Ehren des musikalischen Universalgenies, das in diesem Jahr 90 geworden wäre, eine vielfältige Veranstaltungsreihe gestartet. Es könnte sein, dass derart opulente Kultur-Ereignisse in New York bald Seltenheitscharakter bekommen. Denn viele kulturelle Einrichtungen hängen von privater Kunstförderung ab. Die insolvente Investmentbank Lehman Brothers beispielsweise hat im vergangenen Jahr 39 Millionen Dollar an Museen, Theater und Opernhäuser gespendet, die Bank of America fördert die Carnegie Hall, das aufgekaufte Investmenthaus Merrill Lynch das Lincoln Center - doch Finanziers und Mäzene könnten wegen der Turbulenzen an der Wall Street seit Mitte September 2008 ihre Budgets kürzen oder gar streichen.

Finanzkrise trifft New York besonders hart

"In New York ist die ganze soziale Hackordnung auf Stiften ausgerichtet", erklärt Ulrich Schmidt-Maybach von der Maybach Foundation. Es werde genau beobachtet, wer wem wie viel stiftet und wer welche Projekte und Ausstellungen fördert. Wie Maybach pflegen viele Unternehmen neben ihrem florierenden Geschäft kulturelles oder wohltätiges Engagement. Es geht um das öffentliche "Zurückgeben an die Gesellschaft," sagt Maybach. Aber wo nichts ist, kann nichts zurückgegeben werden; die Krise trifft New York hart, denn viele Jobs stehen auf dem Spiel: "Offizielle Stellen erwarten 40.000 Entlassungen an der Wall Street, plus das doppelte an davon abhängigen Jobs, also 120.000, darunter einige der höchstbezahlten des Bundesstaates", schildert Maybach die prekäre Lage.

Diese höchstbezahlten Menschen haben oft auch einen Teil ihres Salärs in Kultur gesteckt: Kunst gekauft und somit beispielsweise die zahlreichen Galerien in Chelsea unterstützt. Sie haben diverse Einrichtungen gefördert, denn Kultur schmückt schließlich. Doch bevor man sein Penthouse verkauft, stiftet man lieber dem Museum of Modern Art (MoMa) weniger.

Lächelnder Michael Bloomberg (Quelle: AP)
Blickt trotz der Krise optimistisch in die Zukunft: New Yorks Bürgermeister Michael BloombergBild: AP

Auch Zuwendungen aus öffentlichen Geldern dürften schon bald geringer ausfallen: New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg und Gouverneur David Paterson kündigen Einschnitte in ihren Budgets an – im städtischen Haushalt allein sollen 2008 etwa 500 Millionen Dollar gespart werden, mit Sicherheit auch an der Kultur.

Abokürzungen und aufdringliche Werbung

Und weil zudem auch die Grundsteuer erhöht werden soll, sparen die New Yorker - sie gehen seltener in Musicals und kündigen ihre Konzert- oder Theaterabos; als Reaktion wird zum Beispiel die Werbung der New York Philharmonics per Telefon und Netz immer aufdringlicher.

Doch das ist nicht erst eine Folge der aktuellen Wall-Street-Krise. Denn übereinstimmend sagen die Vertreter von Kultureinrichtungen wie dem MoMa, dem Metropolitan Museum of Art oder der Carnegie Hall, dass es jetzt noch zu früh sei, um über die Einschnitte in der Kulturlandschaft zu reden. Die großen Werbeveranstaltungen für potenzielle Mäzene beginnen nämlich erst im Herbst, die Hochsaison des Gebens und Gesehenwerdens ist die Vorweihnachtszeit. Erst danach stellen die Kultureinrichtungen ihre Finanzpläne für die folgende Saison auf.

Lehmann und Merryll Lynch fallen als Sponsoren aus

Das Lincoln Center, ein Zentrum der schönen Künste in New York, hat noch im Sommer mit der sensationellen Aufführung der Oper "Die Soldaten" geglänzt. Zwei seiner Sponsoren, die Investmentbanken Lehman Brothers und Merrill Lynch, sind Opfer der Bankenkrise geworden. Dennoch, versichert die Pressesprecherin, seien sie gut aufgestellt und könnten zumindest ihren 50. Geburtstag im Februar groß feiern.

Bürgermeister Bloomberg versucht unterdessen, in Zeiten der Krise Optimismus zu verbreiten: "Die New Yorker haben das Auf und Ab der Wall Street schon oft erlebt, und sie werden auch dieses überstehen. Das gilt hoffentlich auch für die Kultur."