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Nicaragua: Das Ende des "Sonnenkönigs"

28. März 2002

Selbstherrlich vermischte Ex-Präsident Alemán die Regierungsarbeit mit privaten Interessen und sammelte erstaunliche Reichtümer an. Eine Richterin geht den Mauscheleien nach und avanciert dafür zur Volksheldin.

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Volksaufmarsch gegen KorruptionBild: ap

Als Arnoldo Alemán Nicaragua regierte, klagten Diplomaten und Entwicklungshelfer oft über seinen Regierungsstil eines "Sonnenkönigs". Als sich seine Amtszeit dem Ende näherte, die Verfassung aber eine unmittelbare Wiederwahl verbot, schien es, dass er mit Vizepräsident Enrique Bolaños einen gefügigen Nachfolger gefunden hatte. Dieser sollte ihm den Präsidentensessel bis zur nächsten Wahl warm halten.

Dem Filz zu Leibe rücken

Inzwischen ist ungewiss, ob Alemán, der am 10. Januar sein Amt an Bolaños abgab, noch einmal bei einer Präsidentenwahl antreten kann. Eine mutige Richterin hat entschieden, gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung zu eröffnen, und sie kann sich der Rückendeckung Bolaños' sicher sein. Dieser hat nämlich seit seiner Amtsübernahme gezeigt, dass er es mit dem im Wahlkampf versprochenen Kampf gegen die Korruption ernst meint.

Präsident mauschelt mit Fernsehsender

Am Donnerstag voriger Woche fällte die Richterin Gertrudis Arias ein Urteil, das in Managua bereits als "historisch" eingestuft wird. Sie verhängte gegen Alemáns früheren Regierungssprecher Roberto Duarte, einen früheren Fernsehdirektor und zwei weitere leitende Mitarbeiter des staatlichen Fernsehsenders Canal 6 Haftstrafen. Dafür stieg sie zur Volksheldin auf - die Menschen schicken ihr Blumensträuße.

Die Verurteilten werden für eine dubiose Transaktion während Alemáns Amtszeit verantwortlich gemacht: 1,5 Millionen US-Dollar (1,7 Millionen Euro) wurden vom Finanzministerium an den Sender überwiesen, von diesem auf ein Konto in Panama transferiert wurden und sind anschließend spurlos verschwunden. Die Angeklagten sagten aus, nicht nur mit Wissen, sondern auch im Auftrag Alemáns gehandelt zu haben.

Unbotmäßige Bereicherung

Der Kongress Nicaraguas muss jetzt über einen Antrag zur Aufhebung der Immunität Alemáns entscheiden, hatte dieser doch per Verfassungsänderung dafür gesorgt, dass Ex-Präsidenten automatisch einen Parlamentssitz erhalten. Der Fall des Canal 6 wird in Managua aber lediglich als "Spitze des Eisbergs" eingestuft, denn Alemán folgten während seiner fünfjährigen Regierungszeit die Skandale auf Schritt und Tritt.

Als der Rechnungshof 1999 eine unverhältnismäßigen Anstieg seines privaten Vermögens nachwies, ließ Alemán den Rechnungshofspräsidenten Agustin Jarquin ins Gefängnis sperren. Inzwischen soll Alemán 250 Millionen Dollar sein Eigen nennen.

"Einmal Griechenland" - ohne Rückfahrkarte?

Noch hat Alemán, der sich gegen den Willen Bolaños' den Posten des Parlamentspräsidenten sicherte, in der Fraktion der Liberalen Partei eine starke Hausmacht. Die Presse rechnete jedoch vor, dass sie mit Hilfe einiger abtrünniger Abgeordneter überstimmt werden und damit eine Mehrheit für die Aufhebung der Immunität zu Stande kommen könnte. Vielleicht wird den Liberalen ausgerechnet eine Stimme fehlen - die von Alemán selbst. Denn dieser verabschiedete sich in den Osterurlaub nach Griechenland. Rückreisedatum unbekannt. (dpa/arn)