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Nicht überall Zustimmung

Tobias Oelmaier (sid, dpa)3. Juni 2015

Die Welt ist uneins in ihren Reaktionen zum angekündigten Blatter-Rücktritt. Vor allem aus Russland kommt Bedauern. In Neuseeland ist der Noch-FIFA-Chef schon jetzt nicht mehr erwünscht. Die Sponsoren sind froh.

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Zürich Anti FIFA Proteste Korruptionsskandal
Bild: Reuters/A. Wiegmann

Das asiatische Fußballverband (AFC) hat verhalten auf die Rücktrittsankündigung von FIFA-Chef Joseph Blatter reagiert. "Der AFC beobachtet die Situation, und wird mit seinen Mitgliedern und anderen Verbänden diskutieren, welches nun der beste Weg für die FIFA und den Weltfußball ist", teilte der in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur ansässige Verband am Mittwoch in einem kurzen Statement mit.

Unterstützung erfährt Blatter auch von Fußball-Legende Roger Milla aus Kamerun exklusiv gegenüber der DW: "Es ist wirklich schade, dass Präsident Blatter die FIFA auf diese Weise verlässt. Das hätte ich mich anders gewünscht. Aber jetzt, wo er nicht mehr da ist, müssen wir jemanden finden, der noch kompetenter ist als er. Jemanden, der allen zuhört. Jemand, der versucht, alle Fehlhandlungen, die es in den afrikanischen Verbänden gibt, zu beseitigen. Und ich unterstreiche: alle Fehlhandlungen, die es in den afrikanischen Fußballverbänden gibt, vor allem im kamerunischen Fußballverband."

Das Weiße Haus hat den angekündigten Rücktritt Blatters begrüßt. "Es ist nach den jüngsten Nachrichten offensichtlich, dass diese Organisation von einer neuen Führung profitieren wird", sagte Sprecher Josh Earnest: "Es ist eine Gelegenheit, das öffentliche Image aufzupolieren und sicherzustellen, dass die Handlungen dieser Organisation mit ihrem Anliegen im Einklang stehen."

Der Fußball-Verband für Nord- und Zentralamerika sowie der Karibik CONCACAF hat seinen Reformwillen bekräftigt. "Wir sind an einem wichtigen Punkt angelangt. Das ist eine Chance, die wir nicht vergeuden dürfen. Die CONCACAF steht bereit, in dem Prozess der Erneuerung der FIFA mitzuwirken, um den Fußball für die kommenden Jahre zu stärken", wurde CONCACAF-Präsident Alfredo Hawit in einer Mitteilung zitiert.

Die asiatische Konföderation AFC teilte mit, die Situation genau zu beobachten: "Wir werden uns mit unseren Mitgliedsverbänden und Schwester-Konföderationen beraten, um der FIFA und dem Fußball den bestmöglichen Weg für die Zukunft zu bereiten."

Der neuseeländische Fußballverband NZF als Ausrichter der U20-Weltmeisterschaft hat den noch amtierenden FIFA-Präsidenten zur Persona non grata erklärt. "Wenn er kommt, besteht die Gefahr, dass er zu einer Nebenattraktion wird und die Veranstaltung in den Schatten stellt", sagte NZF-Geschäftsführer Andy Martin bei RadioSport. Man habe noch keine Bestätigung, dass Blatter seinen für den 20. Juni geplanten Besuch absagt, allerdings "würde man sich das wünschen. Aber wer weiß", so Martin. Den angekündigten Rücktritt des Schweizers nahm Martin mit Wohlwollen auf: "Es hätte schon am Freitag geschehen sollen. Es ist ein großer Tag für den Fußball. Wir können nun alle zusammen damit beginnen, den ramponierten Ruf des Fußballs wieder aufzupolieren."

Auch der australische Verband FFA, der bei der umstrittenen Vergabe der WM-Endrunde 2022 an Katar gescheitert war, begrüßte Blatters Abgang. "Die FIFA braucht eine neue Führung, der Rücktritt des Präsidenten ist ein erster Schritt", hieß es in einer Mitteilung. Nun müssten auch die Strukturen auf allen Ebenen und die zugrunde liegende Kultur geändert werden. Australien werde eine aktive Rolle spielen.

Brasiliens Fußball-Legende Pelé hat zum Kampf gegen Korruption im Weltverband aufgerufen. Was die FIFA brauche, seien "ehrliche Menschen", sagte Pelé der BBC in Havanna. Erst am Sonntag hatte der dreifache Weltmeister die Wiederwahl Blatters noch als "perfekt" bezeichnet.

Die großen Sponsoren und Geldgeber haben Reaktionen gefordert. "Die Nachricht ist ein positiver Schritt für den Sport, Fußball und seine Fans", teilte der US-Getränkekonzern Coca-Cola schriftlich mit: "Wir erwarten, dass die FIFA alles dafür tut, die Vorkommnisse aufzuklären und das Vertrauen der Leute zurückzugewinnen."

Das Kreditkarten-Unternehmen Visa ließ mitteilen, Blatters Rücktritt sei "der erste Schritt in die richtige Richtung. Aber es liegt noch viel Arbeit vor uns." Visa hatte bereits vor Tagen angekündigt, "sein Engagement überdenken" zu wollen und gleichzeitig "tiefe Enttäuschung und große Sorge" ausgedrückt.

Der deutsche Sportartikelhersteller Adidas begrüßte die Entscheidung. "Es ist ein Schritt in die richtige Richtung", so ein Sprecher. Der südkoreanische Autobauer Hyundai, bis 2022 offizieller Automobilpartner der FIFA, nannte Blatters Ankündigung einen "positiven ersten Schritt im Aufbau einer Führungsstruktur, die die höchsten ethischen Standards sicherstellt".

Fast-Food-Riese McDonald's schrieb in einer Stellungnahme an die Nachrichtenagentur AFP: "Die Korruptionsvorwürfe und die fragwürdige Ethik innerhalb der FIFA haben einen Schatten auf den Fußball geworfen. Wir hoffen, dass die Veränderungen in der FIFA die Reformen vorantreiben und dazu beitragen werden, das Vertrauen der Fans auf der Welt zurückzugewinnen."

Die amerikanische Justizministerin Loretta Lynch setzt keine großen Hoffnungen in den Reformeifer der FIFA. Diese sei bis in die höchsten Ebenen korrupt, sagte sie im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch). "Wirklich beunruhigend ist, was sich im Zuge der Ermittlungen herausgestellt hat: Jedes Mal, wenn die FIFA nach internen Untersuchungen korrupte Funktionäre abgesetzt hat, wurden sie durch andere ersetzt, die genau in derselben Art und Weise weitermachten."

Russische Medien haben die Rücktrittsankündigung als eine "unangenehme Nachricht" für den WM-Gastgeber 2018 gewertet. Russland sei "einer von Blatters treuesten Verbündeten im Kampf um den Präsidentenstuhl" gewesen, schrieb die Zeitung "Kommersant" (Mittwoch). "Der Rücktritt Blatters ist eine Tatsache, die für die russischen Interessen unangenehm und beunruhigend ist", meinte "Sport Express". Mit "fatalen Folgen" für die WM in drei Jahren rechnet das Blatt allerdings nicht, "da bislang nichts Ernstes (gegen Russland) bekanntgeworden ist".