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Nicht der Aufregung wert

Daniel Scheschkewitz7. Januar 2004

Die kontroversen US-Maßnahmen bei Einreisen sind ein geringeres Übel als sträfliches Nichtstun angesichts realer Gefahr, meint Daniel Scheschkewitz in seinem Kommentar.

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Amerika ist ein freies Land, darauf sind die US-Bürger stolz, das amerikanische Freiheitsstreben hat Millionen unterdrückter Menschen rund um den Globus inspiriert. Nun müssen sich die meisten von ihnen bei einem Besuch dieses Landes behandeln lassen, als hätten sie etwas verbrochen oder als führten sie doch zumindest Böses im Schilde. Wer aus einem liberalen Rechtsstaat kommt, den muss es befremden, wenn er an der Grenze erkennungsdienstlich behandelt wird. Fingerabdrücke und die Fotografie des eigenen Konterfeis - das schmeckt eher nach Polizeirevier als nach einem Willkommensgruß an der Eingangspforte zu einem freien Land.

Und doch vergessen die Kritiker der jüngsten verschärften US-Maßnahmen bei der Einreise von Ausländern manches. Die USA sind eines der wenigen entwickelten Länder, in denen es keine Meldepflicht gibt. Ausländer, die mit einem Visum in die USA einreisen, um hier zu studieren oder zu forschen, konnten bislang einfach untertauchen, ohne Gefahr zu laufen, aufgespürt zu werden. Einige der Attentäter des 11. Septembers hatten auf diese Weise ihren befristeten Aufenthalt in den USA überschritten.

In den USA können sich im Lande umherreisende Ausländer - anders als zum Bespiel in Frankreich – auch in jede Unterkunft einmieten, ohne Rechenschaft über ihre Heimatadresse ablegen zu müssen; dasselbe gilt für die Miete eines Autos. Der Mobilität von einem zum anderen Bundesstaat sind keinerlei Grenzen gesetzt, und das in einem riesigen Land.

Darüber hinaus sind die USA voll von Immigranten aus Ländern mit einer Bürgerkriegsvergangenheit. Afghanen, Iraker, aber auch Bosnier trifft man in den USA auf Schritt und Tritt. Viele von ihnen wären auch gerne nach Deutschland gekommen, das hört man in Gesprächen immer wieder. Aber in der EU gelten weitaus restriktivere Bedingungen für die Einreise von Ausländern und einen vorübergehenden Aufenthalt als in den USA, von einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis gar nicht zu reden.

Sicherlich hat die Regierung Bush seit den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 einige sehr fragwürdige Maßnahmen auf Kosten der Bürgerrechte ergriffen. Die Kontrolle von Buchausleihen in öffentlichen Bibliotheken durch das FBI gehört ebenso dazu wie die Überwachung öffentlicher Räume durch Kameras oder die Überprüfung privater Kreditkartenabrechnungen.

Der digitale Fingerabdruck bei der Einreise dagegen ist eine nachvollziehbare Sicherheitsmaßnahme. Die biometrischen Daten werden nur solange gespeichert, wie sich der Reisende im Land aufhält, die ganze Prozedur nimmt kaum mehr als ein paar Sekunden in Anspruch. Ein vertretbarer Zeitaufwand für ein Stück mehr Sicherheit. Das unbeschwerte Reisen vergangener Zeiten gehört nun mal der Vergangenheit an – aber nicht wegen angeblicher Schikanen der US-Behörden, sondern weil Terroristen diese Welt unsicher machen. Das sollte man bei aller berechtigten Kritik an überzogenen Sicherheitsmaßnahmen nicht vergessen.