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"Nicht in die Falle der Fanatiker tappen"

Zusammengestellt von Klaudia Prevezanos 15. Juli 2005

In Kommentaren europäischer Medien geht es am Freitag auch um die Frage, wie westliche Gesellschaften und speziell islamische Organisationen verhindern können, dass Muslime zu religiösen Fundamentalisten werden.

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Die britische Zeitung "The Times" schreibt über die Schweigeminuten für die Opfer der Londoner Attentate:

"Die Worte, Tränen und Gedanken wurden gestern von allen Briten geteilt, von Muslimen, Christen, Hindus und Juden. Eine Nation war vereint in Trauer, Entschlossenheit und Menschlichkeit. (...) Im Schweigen und in der Wärme des Sommers, hatten die Londoner die Möglichkeit, über die Segnungen und Werte ihrer Stadt nachzudenken (...). Und alle erkannten für einen Moment die Kraft einer miteinander geteilten Vision und einer gemeinsamen Zukunft."

Die französische Tageszeitung "Le Monde" aus Paris schreibt am Freitag über das Profil der mutmaßlichen Attentäter von London:

"Es gibt Anlass zur Sorge, wenn gut integrierte Jugendliche bereit sind, ihr Leben und das vieler unschuldiger Menschen zu opfern. Einige der mutmaßlichen Attentäter von London haben Religionskurse in Pakistan besucht und wurden in afghanischen Trainingslagern ausgebildet. Die Briten dachten, dass ihr Modell der Integration von Einwanderern sie vor Extremismus schützen würde. Doch in allen muslimischen Gemeinschaften der Welt schlummert ein religiöser Fundamentalismus, dessen extremster Ausdruck der Terrorismus ist. (…) In den westlichen Gesellschaften, die die Religionsfreiheit für alle garantieren, müssen religiöse und gesellschaftliche Führungspersönlichkeiten die Gewalt verurteilen und denjenigen die Legitimität absprechen, die sie predigen."

Zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen nach den Selbstmordanschlägen von London schreibt die niederländische Zeitung "Trouw" am Donnerstag:

"Ohne Zweifel ist nur ein äußerst kleiner Teil der muslimischen Gemeinschaft in westeuropäischen Ländern radikal genug, um Tod und Verderben zu säen. Aber der Kampf gegen die Radikalen verlangt von eben dieser Gemeinschaft eine viel aktivere Rolle. So will ein Viertel der Muslims in Großbritannien die Behörden nicht über Menschen unterrichten, von denen sie wissen, dass sie Terroristen sind oder Verbindungen zum Terrorismus haben. Das ist unannehmbar."

Die Zeitung "Luxemburger Wort" warnt am Freitag davor, Muslime in der EU unter Generalverdacht zu stellen:

"Die Urheber der Terrorakte von London wollen die britische Gesellschaft spalten. Diese Fanatiker haben zum Ziel, die westlichen Gesellschaften zu schwächen, um deren weltweiten Einfluss zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen sie die westlichen Gesellschaften ins Mark treffen. Als US-Alliierter musste Großbritannien damit rechnen, Opfer eines von religiösen Fanatikern verübten Terroranschlags zu werden. Dabei geht es den Urhebern nicht nur um das Engagement der Regierung Blair in Irak.

London ist eine multikulturelle Metropole. Menschen unterschiedlichster Abstammung und Weltanschauung leben hier. Die pulsierende Stadt an der Themse ist Heimat für zahlreiche Briten muslimischen Glaubens. Doch auch die Attentäter waren britische Staatsbürger und kamen im nordenglischen Leeds zur Welt. Die Nachricht an die westlichen Gesellschaften könnte klarer nicht sein: 'Wir müssen nicht mehr von außen kommen, wir leben schon mitten unter Euch'. Umso mehr sind die westlichen Gesellschaften gefordert, nicht in die Falle der Fanatiker zu tappen und die Mitbürger muslimischen Glaubens nicht unter Generalverdacht zu stellen."