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Nicht Reform- sondern Revolutionsbedarf

Alexander Kudascheff24. Juni 2002

Die Erweiterung der europäischen Union kommt - das steht politisch fest. Doch wer soll sie bezahlen? Das steht noch nicht fest.

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Denn, da sind sich im Kreise der Staats- und Regierungschefs ausnahmsweise mal alle einig: wir, so jeder für sich, wir nicht. Die europäische Wiedervereinigung, wie es oft hochtrabend heißt, hat ihren Preis. Doch sie darf nichts kosten. Also halten alle die Taschen zu.

Deutschland wiederum, das mehr als alle anderen in die Kassen der EU einzahlt, das hat Gerhard Schröder festgestellt, will die Rechnung nicht allein bezahlen. Und so hat er gesagt: die europäische Landwirtschaft müsse reformiert werden, die Direktzahlungen für die Bauern dürften nicht einfach auf die ost-und mitteleuropäischen Landwirte ausdehnt werden. Denn das würde Deutschland allein mehr als eine Milliarde jährlich kosten.

Nun, eine Milliarde, das klingt nicht nach soviel. Und die Steinkohle verschlingt bedeutend mehr an Subventionen. Richtig, kräht der europäische Hahn. Und der von niemand gewählte Kommissar Franz Fischler ergänzt in selbstherrlicher Manier: "Wenn Bundeskanzler Schröder das anders sieht, dann muß er den Bauern in der Bretagne und in der Normandie sagen, dass sie die Erweiterung bezahlen sollen".

Starker Tobak. Doch, Herr Fischler: sagen Sie den deutschen Steuerzahlern, dass sie für die Erweiterung allein aufkommen sollen - in Verbund mit den vier anderen Nettozahlern? Sagen Sie den deutschen Steuerzahlern, dass die französischen Bauern weiter ein quasi ewiges Recht haben, von ihnen bezahlt zu werden?

Die europäische Landwirtschaft ist ein Monster, ein Geld verschlingender Moloch, in dem alles subventioniert wird - die Produktion, die Ernte, der Verkauf, der Export, der Preis, die Vernichtung, die Pflege der Fläche. Hier besteht nicht Reform-sondern Revolutionsbedarf. Und schon gleich gar nicht, kann dieser quasibolschewistische Subventionswahnsinn auf zehn neue Mitglieder ausgedehnt werden. Und ganz nebenbei: die Deutschen sind Nettozahler. Aber warum zahlen sie allein rund 10 Milliarden Euro - und die Briten gerade einmal drei und halb und die Franzosen ein bisschen mehr als eine. Sind diese Länder wirklich soviel ärmer?

Europa ist den Deutschen viel wert. Den anderen aber anscheinend wohl nicht. Sonst würden sie vielleicht auch mehr in die Kassen zahlen als herauszunehmen.