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Nicht von oben herab

Adelheid Feilcke-Tiemann / Zuzana Starikowa29. Januar 2002

Er ist der dritte UN-Verwalter im Kosovo: der deutsche Diplomat Michael Steiner. Anfang Februar tritt er sein Amt an. In einem DW-Interview erläutert der Diplomat seine Zielsetzungen.

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Michael SteinerBild: AP

Helfen ja - aber nicht von oben herab, sondern in Zusammenarbeit mit den örtlichen Strukturen. Mit diesem Grundsatz tritt der Ex-Kanzlerberater sein neues Amt als Nachfolger des Dänen Hans Hækkerup an.

Regierungsstrukturen fehlen im Kosovo noch. Mehr als zwei Monate nach den ersten freien Parlamentswahlen gibt es keine Regierung und keinen Präsidenten. Der gesamte politische Prozess ist durch den fehlenden Konsens zwischen den politischen Parteien ins Stocken geraten. Daher sind die Erwartungen an den neuen UN-Verwalter hoch, die Streitereien zwischen den Parteien zu schlichten. Der aber betont, dass die Kosovaren zeigen müssen, dass sie zu einem verantworlichen Regierungsverhalten fähig sind: "Man kann nicht auf der einen Seite sagen: 'Wir möchten unsere Dinge autonom regeln' - aber auf der anderen Seite nicht die Mindestvoraussetzungen dafür zu schaffen." Die UN könne dabei nur helfen, sollte aber keine Lösung vorgeben.

Spielregeln einhalten

Der deutsche Diplomat hat bereits in Bosnien Erfahrungen mit UN-Strukturen und dem Aufbau neuer staatlicher Strukturen gesammelt. Im Kosovo kommt ihm als UN-Verwalter große Machtbefugnis zu, da er sogar Regierungs- und Parlamentsbeschlüsse revidieren kann. Doch er will den Kosovaren nicht von oben herab seinen Willen aufzwingen, sondern mit ihnen partnerschaftlich zusammen arbeiten: "Die Entwicklungen in Bosnien zeigen, dass die paternalistische Verhaltensweise des Westens unangemessen ist." Entscheidend sei vielmehr, dass die Spielregeln des Spiels, das man spielen will, auch eingehalten werden.

Sicherheitszone Kosovo/Jugoslawien
Bild: AP

Neben dem politische Aufbauprozess will der neue Leiter der UNMIK (United Nation Mission in Kosovo) sein Augenmerk besonders auf die täglichen Probleme richten: die marode Energieversorgung, die ungeklärten Eigentumsverhältnisse ehemaligen Staatseigentums und vor allem die wirtschaftliche Missstände. Denn das seien die wirklichen Sorgen und Nöte der Bevölkerung: "Die Menschen brauchen Sicherheit, sie brauchen eine politische Perspektive, das ist klar. Aber sie brauchen auch Arbeit. Sie brauchen auch ein wirtschaftliches Auskommen."

Auge für die "praktischen Dinge des Lebens"

Nach dem Franzosen Bernard Kouchner und dem Dänen Hans Hækkerup, der sein Amt nach nur knapp einem Jahr vorzeitig aufgab, ist Steiner der dritte Leiter dieser wichtigen internationalen Mission der Vereinten Nationen. Und er will mit seinem Amtsantritt auch eine dritte Phase im Nachkriegs-Kosovo einläuten. Eine Phase, in der es nicht nur um den Transfer der Befugnisse geht, sondern auch um eine verstärkte Konzentration auf die ökonomischen Interessen. Denn: "Ich glaube es ist falsch - dazu neigen wir Diplomaten oft -, nur die politischen Fragen für wichtig zu halten, und die praktischen Dinge des Lebens ein bisschen zu vernachlässigen."