1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nicht zu integrieren

20. Juni 2003

Zuwanderungsgesetz und kein Ende: Trotz der Befürwortung der Wirtschaft und der Kirchen hat die CDU/CSU im Bundesrat die Neuregelung erneut verhindert.

https://p.dw.com/p/3ldi
Modernisierungshemmnis:<br>Günther Beckstein (CSU)Bild: AP

Auch im zweiten Anlauf ist die rot-grüne Koalition mit ihrem Zuwanderungsgesetz gescheitert. Der unionsgeführte Bundesrat lehnte den Entwurf am Freitag (20.6.2003) in Berlin trotz des erneuten Werbens von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) ab. Schily kündigte an, nun werde die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen. Dort wird erst nach der Sommerpause über den Entwurf beraten. Vertreter von CDU und CSU bekräftigten ihre Kritik, wonach das Gesetz zu einer "massiven" Ausweitung der Zuwanderung führe. Ein Konsens mit der Regierung im weiteren Verfahren sei aber nicht ausgeschlossen. Die Grünen äußerten Zweifel an der Verhandlungsbereitschaft der Union.

"Zeit, die Gedanken zu ordnen"

Otto Schily
Otto SchilyBild: AP

"Ich hoffe, dass wir im Vermittlungsverfahren aufeinander zugehen", sagte Schily in der Länderkammer. Das Verfahren werde voraussichtlich erst Anfang September beginnen können. Damit habe die Opposition über die Sommerpause Zeit, "ihre Gedanken zu ordnen". Schily erinnerte daran, dass "ausnahmslos alle Wirtschaftsverbände", Arbeitgeber und Gewerkschaften sowie Kirchen, Wissenschaft und Kommunen für das rot-grüne Zuwanderungsgesetz seien. Auch mit Rita Süssmuth, Heiner Geißler, Christian Schwarz-Schilling und Norbert Blüm gebe es prominente Unionsvertreter, die für den Entwurf seien.

Dagegen bekräftigte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU), der von der Bundesregierung unverändert eingebrachte Gesetzentwurf sei in dieser Form nicht zustimmungsfähig. Gerade in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise sei eine "Zuwanderung in Sozialsysteme" problematisch. Das Gesetz trage den Herausforderungen des Arbeitsmarktes keine Rechnung und habe Lücken bei der Integration der bereits in Deutschland lebenden Ausländer. Es führe im Ergebnis zu keiner Begrenzung der Zuwanderung, sondern zu einer Ausweitung. Bei weiteren Verhandlungen sei ein "Konsens in der Sache" aber nicht ausgeschlossen, betonte Müller, der die CDU-Zuwanderungskommission geleitet hatte.

Beckstein: "Reduzierung der Zuwanderung"

Nach Ansicht des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) strebt Rot-Grün "ein multikulturelles Einwanderungsland" an. Die Bundesregierung wolle die Zuwanderung "massiv ausweiten", erklärte er in München. Die Union sei dagegen für eine "Reduzierung der Zuwanderung und eine Verstärkung der Integration der rechtmäßig hier lebenden Ausländer".

"Die Union findet nicht aus ihrer Rolle der Fundamentalopposition", kritisierten dagegen der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck. "CDU und CSU erwiesen sich "als entscheidendes Modernisierungshemmnis für unser Land". Dass die Länderkammer auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet habe, sei ein "weiterer deutlicher Hinweis auf den mangelnden Kompromisswillen der Union", erklärte auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne). "Wer aber Politik nur bis zur nächsten bayerischen Landtagswahl denkt, kann die langfristigen Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, nicht meistern."

SPD und Grüne hatten ihren Gesetzentwurf im Mai zum zweiten Mal gegen die Stimmen der Union im Bundestag durchgesetzt, nachdem das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Dezember das umstrittene erste Votum des Bundesrats für das Gesetz für ungültig erklärt hatte. (sams)