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Nick Clegg ist der Mann für den Dreikampf

23. April 2010

Nick Clegg mischt weiter den Wahlkampf in Großbritannien auf. In der zweiten TV-Debatte der drei Spitzenkandidaten hielt er den hohen Erwartungen stand. Noch vor wenigen Monaten kannte ihn kaum jemand.

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Nick Clegg (Foto: AP)
Er ist der überraschende Star im britischen Wahlkampf: Nick CleggBild: AP

Über Jahrzehnte waren britische Wahlkämpfe reine Duelle, bei denen die Labour Party und die konservativen Tories um die Macht rangen. Und auch wenn die Briten Anfang Mai ein neues Unterhaus wählen, wird der Premierminister wohl eines der beiden Parteibücher besitzen. Aber die Entscheidung darüber, ob der Premierminister am Ende Gordon Brown oder David Cameron heißt, dürfte allein bei einem Mann liegen: Nick Clegg.

Denn in Wahlumfragen liegen Labour und Tories gleichauf, Cleggs Liberaldemokraten würden die entscheidende dritte Kraft im Unterhaus.

"Alternative zu den alten Parteien"

Die 2. TV-Debatte mit David Cameron (li.), Nick Clegg (Mi.) und Gordon Brown (re.) (Foto: dpa)
Clegg bereitet seinen Widersachern David Cameron (li.) und Gordon Brown (re.) enorme ProblemeBild: AP

Nick Clegg ist der Grund, dass aus dem Zweikampf ein Dreikampf geworden ist. "Ich bin hier, um Sie davon zu überzeugen, dass es eine Alternative zu den beiden alten Parteien gibt", sagte er den Fernsehzuschauern am Donnerstagabend (22.04.2010) bei der zweiten TV-Debatte. Wieder war der selbstbewusste Kandidat der "Liberal Democrats" ein würdiger Gegner in der Diskussion mit Premier Gordon Brown und dem Konservativen David Cameron. Er hielt den Erwartungen gelassen stand, die nach dem ersten Aufeinandertreffen der drei vergangene Woche enorm gestiegen waren.

Verteidiger der Bürgerechte

Denn spätestens nach seinem furiosen Auftritt in der ersten Fernsehdiskussion gilt Clegg als neuer Star in der britischen Politik. Er wurde schon mit Churchill oder Obama verglichen.

Cleggs rasanter Aufstieg ist bemerkenswert. Noch im September 2009 sagten in einer BBC-Umfrage 36 Prozent der Befragten, noch nie von Clegg gehört zu haben. Dabei hat der schon seit Dezember 2007 den Vorsitz der Liberaldemokraten inne. Seitdem bemühte er sich darum, den "Lib Dems" eine Stimme zu geben.

Nick Clegg bei einer Wahlkampfveranstaltung (Foto: AP)
Seit 2007 Parteivorsitzender, erst seit kurzem populärBild: AP

Er gilt als unbeugsamer Verteidiger der Bürgerrechte und brach alte Tabus, als er im Parlament als erster den Afghanistan-Krieg kritisierte. Im Wahlkampf bekennt er sich allerdings zum Einsatz der britischen Armee. Während des Spesenskandals um zahlreiche Unterhaus-Abgeordnete forderte er den Parlamentspräsidenten zum Rücktritt auf. Das Wahlrecht will er reformieren.

Journalist und Mitarbeiter der EU-Kommission

Nicholas "Nick" Clegg wurde am 7. Januar 1967 in Chalfont St. Giles nordwestlich von London geboren. Er kam über Umwege zur Politik. Er studierte an drei Universitäten, unter anderem in Cambridge, arbeitete anschließend als Journalist und als politischer Berater. Dann ging er für fünf Jahre zur Europäischen Kommission. In dieser Zeit arbeitete er auch für den Vize-Präsidenten der Kommission, der vergeblich versuchte, Clegg für die Tories zu gewinnen. Stattdessen ging Clegg 1999 für die Liberaldemokraten ins Europaparlament.

Für die Familie zurück auf die Insel

Weil er das Pendeln nach Brüssel als Zumutung für seine junge Familie empfand, kehrte er 2004 nach Großbritannien zurück und zog ein Jahr später als Abgeordneter für den nordenglischen Wahlbezirk Sheffield Hallam ins Unterhaus ein.

Clegg ist überzeugter Europäer, spricht sich sogar für den Euro auf der Insel aus. Er spricht fünf Sprachen - Englisch, Deutsch, Niederländisch, Französisch und Spanisch. Seine Mutter ist Niederländerin, seine Großmutter väterlicherseits russisch. Im Jahr 2000 heiratete Clegg die spanische Anwältin Miriam Gonzalez Durantez. Ihre Söhne wachsen zweisprachig auf.

Ton im Wahlkampf wird rauer

Seine Gegner verschärfen nun den Ton. "Nick, mit Dir würden wir schwach dastehen", sagte etwa Gordon Brown bei der zweiten Fernsehdiskussion. Damit spielte er auf Cleggs ablehnende Haltung gegenüber Atomwaffen an. Clegg gefährde die Sicherheit des Landes. Der Liberaldemokrat antwortete im Stil des US-Präsidenten Obama, als er erklärte, es sei Zeit für einen Wandel in der Atomstrategie. Zugleich warnte er davor, dass Terroristen nukleare Waffen in die Hände bekommen könnten.

"Ich denke, es war ein Unentschieden", sagte der Politologe Justin Fisher von der Brunel University nach der zweiten Fernsehdiskussion. Die letzte TV-Debatte folgt am 29. April, gewählt wird am 6. Mai.

Autor: Julian Mertens (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Nicole Scherschun