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Mehr als Tulpen und Tomaten

Friederike Marx
14. Februar 2017

Der Rechtspopulist und EU-Kritiker Geert Wilders ist vor den anstehenden Wahlen in den Niederlanden im Aufwind. An der Konjunktur kann es kaum liegen. Die Wirtschaft in den Niederlanden boomt.

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Niederlande Venlo - Wahlen
Bild: DW/B. Wesel

Ausgerechnet in den Niederlanden - einem der Gründungsmitglieder der Europäischen Union - droht die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders stärkste Kraft im Parlament zu werden. Umfragen trauen seiner "Partei für die Freiheit" (PVV) bei den Wahlen am 15. März rund 20 Prozent zu. Wilders setzt sich für einen EU-Austritt des Landes ein. Dabei boomt dort die Wirtschaft nicht zuletzt auch dank des starken Exports in die EU.

Mit 2,1 Prozent gab es 2016 das stärkste Wachstum seit neun Jahren, wie das nationale Statistikamt am Dienstag in Den Haag meldete. Verbraucher gaben mehr Geld aus, die Exporte stiegen und die Arbeitslosigkeit ging von 5,8 auf 5,5 Prozent zurück. Dank niedriger Teuerungsraten bleibt Verbrauchern zudem mehr von zuletzt deutlichen Lohnzuwächsen. "Dementsprechend gut ist die Stimmung der privaten Haushalte, das Konsumentenvertrauen liegt weit über dem langfristigen Durchschnitt", erläutern Ökonomen der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).

Was macht Hollands Wirtschaft so stark?

"Sie ist mehr als Tulpen und Tomaten. Bei neuen Technologien und Digitalisierung zum Beispiel sind die Niederländer weit vorne, auch der Chemiesektor ist eine wichtige Branche", sagt der Chefvolkswirt der ING-Diba, Carsten Brzeski. Hinzu kommt: "Die Niederlande sind eine sehr offene Volkswirtschaft mit international bedeutenden Häfen, die auch als Zwischenstation im weltweiten Güterhandel fungieren", erläutert die Helaba. Die Wirtschaft des fünfgrößten Mitgliedstaates der Eurozone sei breit aufgestellt und verfüge "über die solide Basis einer starken Inlandsnachfrage", schreiben die Helaba-Experten.

Niederlande Hafen von Rotterdam
30 Prozent für den Export - Hafen von RotterdamBild: picture-alliance/Anp Exra/L.v. Lieshout

Exportland Niederlande

Die Ausfuhr von Waren und Dienstleitungen trägt zu mehr als 30 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Exportschlager sind weder Tulpen noch Tomaten oder Gouda, sondern Maschinen und Maschinenteile mit einem Volumen von nahezu 13 Milliarden Euro im Jahr 2015. Auf Rang zwei liegt gemessen am Wert der Gas-Export. Die Niederlande profitieren von Erdgasvorkommen vor ihrer Küste. Platz drei belegen Tulpen, Blumenzwiebeln und Co.

Ebenfalls unter den Top Ten finden sich Fleisch, Milchprodukte, Gemüse und Kartoffeln. Die Niederlande sind dem Statistikamt zufolge nach Deutschland der zweitgrößte Exporteur der EU. Der größte Teil der Ausfuhren geht in die EU. Und "Deutschland ist mit Abstand der wichtigste Handelspartner der Niederlande", sagt ING-Diba-Ökonom Brzeski.

Und  Deutschland?

Zuletzt belegte das Land mit 88 Milliarden Euro Rang zwei bei den Einfuhren nach Deutschland. Für deutsche Exportunternehmen sind die Niederlande nach den USA, Frankreich und Großbritannien der viertgrößte Einzelmarkt mit 79 Milliarden Euro im Jahr 2015. "Abschottung wäre wirtschaftlicher Selbstmord. Die Niederlande sind ein Handelsland und abhängig vom Handel mit Europa", sagt Brzeski. Einen EU-Austritt hält er allerdings für relativ unwahrscheinlich: "Im Moment erlaubt die niederländische Verfassung keine Volksabstimmung über den Euro oder die EU-Mitgliedschaft. Dazu müsste erst die Verfassung geändert werden - mit Zwei-Drittel-Mehrheit in Parlament und Senat."