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Niedriger Ölpreis gefährdet russischen Staatshaushalt

21. November 2001

Die OPEC macht Druck auf Russland, die Öl-Fördermengen ab Januar 2002 zu reduzieren. Doch obwohl der russische Staatshaushalt vom Ölpreis abhängt, ziert sich die russische Regierung.

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Dreht Russland den Ölhahn mit zu?Bild: AP

Im letzten Winter liefen die europäischen Verbraucher Sturm gegen die nahezu tägliche Erhöhung des Spritpreises. Ein Jahr später traut man kaum seinen eigenen Augen: Es wird wieder Winter und wieder verändern sich die Anzeigentafeln an den Tankstellen fast täglich, doch diesmal sinkt der Benzinpreis. Was für die Deutschen gut ist, bereitet der russischen Regierung Kopfschmerzen. Ihr Staatshaushalt steht und fällt mit dem Ölpreis.

Einseitiger Boom

Russlands Wirtschaft boomt seit anderthalb Jahren. Im vergangenen Jahr stieg das russische Bruttoinlandsprodukt um 8,3 Prozent. Für die ersten zehn Monate im Jahr 2001 hat die Industrieproduktion um 5,1 Prozent zugenommen. Das Wirtschaftswachstum basiert aber stark auf bislang hohen Weltmarktpreisen für Energierohstoffe, die nicht nur für die Unternehmer hohe Gewinne garantierten. Mehr als ein Drittel der Steuereinnahmen des russischen Budgets stammen aus dem Öl- und Gas-Export, was den Reformeifer in anderen Bereichen nicht gerade beflügelte: Große Teile der russischen Wirtschaft sind immer noch in einem katastrophalen Zustand. Notwendige Veränderungen im Bankensektor und in der Gesetzgebung für mittlere Unternehmen wurden nur halbherzig umgesetzt oder gar unterlassen. Der aktuelle Ölpreisverfall setzt die russische Regierung daher stark unter Druck.

Haushalt auf Öl gebaut

Der russische Staatshaushalt für dieses Jahr basiert darauf, dass der Ölpreis nicht unter 18,5 Dollar pro Barrel (159 Liter) sinkt. Auch dem Haushaltsentwurf für 2002 liegt diese Untergrenze zugrunde. In den letzten Tagen lag der Ölpreis knapp unter dieser Marke. Fällt ein Teil der lebenswichtigen Einnahmen aus dem Ölexport weg, drohen unter anderem Engpässe beim milliardenschweren Schuldendienst. "Wenn der Ölpreis unter 16,5 Dollar sinkt, wird Russland seinen Etat kürzen müssen", sagte Finanzminister Alexej Kudrin am Mittwoch in Moskau. Der Etat für das kommende Jahr solle nun auf der Grundlage von 14,5 bis 18,5 Dollar je Barrel berechnet werden, sagte er. Unter Umständen sei Russland wieder auf Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen. Möglich wäre auch, dass es beim Pariser Klub staatlicher Gläubiger um Umschuldung bittet.

Schwierige Zusammenarbeit mit der OPEC

Es ist um so erstaunlicher, dass Russland trotz der eigenen Schwierigkeiten wegen des niedrigen Ölpreises nicht bereit ist, mit der Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC) zu kooperieren. Angesichts des internationalen Preisverfalls beim Erdöl will die OPEC ihre Förderung von Januar 2002 an um 1,5 Millionen Barrel pro Tag senken. Sie macht aber die eigene Förderkürzung davon abhängig, dass auch andere Ölförderländer wie Norwegen, Mexiko und eben Russland mitziehen und ihre Förderung um insgesamt 500.000 Barrel zurückfahren. Bislang hat sich Moskau lediglich einverstanden erklärt, die Tagesförderung um 30.000 Barrel zu drosseln. Ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts von sieben Millionen Barrel, die in Russland pro Tag gefördert werden. Bleibt abzuwarten, wie tief der Ölpreis sinken muss, damit die OPEC eine Einigung mit der russischen Regierung erzielen kann. (im)