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Niels Freverts Randnotizen

28. November 2011

Ein Soundtrack für kalte Winterabende: Mit seinem vierten Streich "Zettel auf dem Boden" zeigt der Hamburger Niels Frevert ganz unaufgeregt, wie gut er das Songwriting beherrscht.

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CD Cover: Zettel auf dem Boden (@Tapete Records)
Das neue Album: Zettel auf dem BodenBild: Tapete Records

"Herzlich Willkommen! Schlüssel liegt unter der Fußmatte, fühlt euch wie zu Hause. Essen steht im Kühlschrank, bin kurz zum Kiosk, gleich wieder da." Niels Frevert aus Hamburg lädt uns sprichwörtlich in seine eigenen vier Wände ein, um bei einer Tasse Tee und Trockengebäck seinem neuesten Werk zu lauschen.

Mit "Zettel auf dem Boden" schenkt er der deutschen Musikszene ein Album, das man sich als Gemälde an die Wand hängen oder als Film in den DVD-Spieler einlegen könnte: kleine Randnotizen in musikalischer Form, ein Mosaik aus Pinnwandeinträgen. "Das sind natürlich diese kleinen Nachrichten, die man so hinterlässt. Manche schreiben: Bin mal kurz Zigaretten holen, komme in fünf Minuten wieder' und andere: 'Ich verlasse dich heute' oder: Dein Essen steht im Kühlschrank", erklärt Frevert, der schon sehr früh merkte, dass dieses Album ein Album der Geschichten wird.

Parkeichhörnchen, Couchsänger, Leichengräber

Musiker und Songwriter Niels Frevert (Foto: Dennis Dirksen/ Tapete Records)
Niels Frevert gehört in der deutschen Poplandschaft zu den wahren PoetenBild: Dennis Dirksen

"Zettel auf dem Boden" ist das vierte Soloalbum des 44-jährigen Hamburgers und  erschien bei dem jüngst mit dem Hamburger Musikpreis ausgezeichneten Label Tapete Records. Bevor der begnadete Geschichtenerzähler solo sein Glück versuchte, spielte Niels Frevert in den 90ern bei der Band Nationalgalerie mit. Die schaffte es mit dem Song "Evelin" sogar auf die MTV-Playlist im Fernsehen. Die Galerie löste sich auf, Frevert machte weiter. 

Musikalisch klingt er ähnlich wie auf dem Vorgängeralbum "Du kannst mich an der Ecke rauslassen": eher unaufgeregt, sanft, vielleicht etwas müde - im Sinne von zufrieden. Er liefert Entspannungsmusik, die niemals langweilt, denn da sind ja diese Geschichten über Eichhörnchenfütterer im Park, einen gewissen Herr Frevért auf der Therapeutinnencouch oder das gemeinsame Verscharren von Leichen, seine persönliche Metapher für bedingungslose Liebe.

"Das ist eine sehr eigenwillige Art der Liebeserklärung", erklärt der Musiker. "Es hat sicher etwas von bedingungsloser Liebe, aber nicht bis zur Selbstaufgabe. Es gibt da eine Zeile von Udo Lindenberg, die das ähnlich formuliert, eher Udo-mäßig: Ich geh mit dir durch Dick und Dünn, aber nicht durch Dick und Doof." Doch verglichen mit Lindenberg gibt sich Niels Frevert definitiv poetischer.

Ein Spielfilm ganz ohne Moral

Dabei geht es diesmal gar nicht um die große Liebe. Es sind eher die Randnotizen, die in die Mitte rücken: über Freundschaft, Sympathie, das 'mit sich selbst Zurechtkommen' im Alltag. Es gibt keine eindeutige Botschaft, erst recht keine Politische. "Ich versuche, dass die Bilder sich gegenseitig an die Hand nehmen und das vielleicht auf überraschende Art und Weise. Ich versuche nicht, der Geschichte noch eine Moral mitzugeben, sondern auch eher mal das Bild so stehen zu lassen", so Frevert.

Niels Frevert im Spiegel (Foto: Dennis Dirksen/ Tapete Records)
Frevert zeigt neue PerspektivenBild: Dennis Dirksen

Mit dem Album "Zettel auf dem Boden" tut er also das, was er am besten kann: Bilder miteinander verflechten und Textkrümel auflesen. Niels Frevert ist ein leibhaftiges Beispiel dafür, dass man nicht zu ganz großem Ruhm gelangen muss, obwohl man einer der vordersten Songwriter des Landes ist.

Autorin: Eva Gutensohn
Redakteur: Matthias Klaus