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Niem-Anbau

Ana Lehmann 21. September 2006

Der Niem-Baum hat sich als Lieferant eines ökologisch verträglichen Pflanzenschutzmittels einen Namen gemacht. Ein neues deutsch-chinesisches Kooperationsprojekt soll die Entwicklung der Niem-Produkte voranbringen.

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Niem-Bäume im Gewächshaus der Universität Gießen
Niem-Bäume im Gewächshaus der Universität GießenBild: PA/dpa

Ursprünglich stammt der Niem-Baum aus Südasien, wird jedoch heute in vielen Ländern, wie Brasilien, Kuba, Australien, Kenia, Ghana und dem Sudan angebaut. Die vermutlich größte Niem-Plantage der Welt entsteht aber in China. Auf einer Fläche, die etwa dem Inselstaat Malta entspricht, wächst ein Wald von Niem-Bäumen heran. Ein biologisches Pflanzenschutzmittel aus Niem-Extrakt soll in einigen Jahren einen großen Teil der chemischen Pestizide in der Landwirtschaft ersetzen.

Für Hubertus Kleeberg ist der Niem-Baum inzwischen etwas wie ein eigenes Kind geworden. Seit über 20 Jahren erforscht der Chemiker mit seiner Firma Trifolio-M die Wirksamkeit von Niem-Produkten. Er entwickelte ein Verfahren, um aus Niem-Extrakt ein biologisches Pflanzenschutzmittel zu entwickeln, das inzwischen weltweit anerkannt ist. "Als wir anfingen, war außerhalb Südasiens noch recht wenig bekannt von dem ökologischen Wert des Niem-Wirkstoffs", sagt Kleeberg.

Heute arbeiten viele Länder intensiv an der Erschließung dieser natürlichen Ressource. Kleeberg weiß, warum: "Der Stellenwert wächst, weil der Wirkstoff aus den Niem-Kernen, das Azadirachtin, gegen sehr viele schädliche Insekten wirkt, aber den Nützlingen nicht schadet." Somit werde das biologische Gleichgewicht nicht gestört.

Niem-Anbau soll wirtschaftliche Entwicklung fördern

Im Gegensatz zu chemischen Mitteln wird der Niem-Wirkstoff in der Umwelt außerdem schnell abgebaut und ist für den Menschen ungiftig. Bisher arbeitete die hessische Firma Trifolio-M hauptsächlich mit einer indischen Partnerfirma zusammen. Doch seit kurzem hat sie eine Kooperation mit einer chinesischen Firma gegründet. Die Zusammenarbeit mit den Chinesen, die den Niem-Baum anpflanzen, böte die Chance, an optimales Ausgangsmaterial heranzukommen, so Kleeberg. Die bisher verwendeten indischen Niem-Pflanzen seien häufig wild gewachsen und daher von geringerer Qualität.

Die chinesische Partnerfirma Yunnan Zhongke Bio-Industry sitzt in der großen Südprovinz Yunnan - dort, wo seit einigen Jahren die mit 30.000 Hektar wohl größte Niem-Plantage der Welt entsteht. Die Pflanzung trage dort zur wirtschaftlichen Entwicklung bei, erklärt Geschäftsführer Feng Shake: "In dieser Region leben überwiegend nationale Minderheiten und arme Bauern, denen wir die Früchte der Bäume abkaufen werden." Außerdem soll die Pflanzung auch als Umweltschutzmaßnahme gegen die Bodenerosion wirken, die vor allem an den Flüssen Yangtse und Jinsha ein Problem ist: Der Niem-Baum mit seinen tief reichenden, starken Wurzeln soll dem Boden Halt geben.

Verträgliche Wirkstoffe als Alternative zu chemischen Pestiziden

Bevor der enorme Wert des Baums erkannt wurde, hatte China lange Zeit chemische Pestizide und Insektizide benutzt. Inzwischen sind jedoch viele Anlagen zur Herstellung synthetischer Mittel veraltet. Die dort hergestellten Produkte haben die Böden ausgelaugt, das Grundwasser verunreinigt und die Gesundheit vieler tausend Obst-, Gemüse- und Teebauern zerstört. Die chinesische Regierung habe daher in ihrem Fünfjahresplan festgelegt, den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, sagt Feng Shake: "Bis zum Jahr 2010 sollen zwei Prozent aller chemischen Pestizide und Insektizide durch biologische Schädlingsbekämpfungsmittel aus Niem-Extrakt ersetzt werden"

Deutsch-chinesisches Forschungszentrum

Ziel dieser Strategie ist, von Exporten aus Südasien unabhängig zu werden und die heimische Wirtschaft zu fördern. Dafür hatte das chinesische Unternehmen einen Kooperationspartner gesucht - und fand ihn in der hessischen Firma Trifolio M. Zusammen wollen sie in Kunming, der Hauptstadt Yunnans, ein Forschungszentrum aufbauen. Es soll Produkte aus Pflanzenextrakten entwickeln und standardisieren. Die Provinzregierung Yunnans finanziert den Bau und stellt für zunächst drei Jahre Personal zur Verfügung. Beide Partner wollen ihr Know-How zusammenführen und ihre Niem-Produkte gemeinsam vertreiben - sowohl in China als auch darüber hinaus, wie Feng Shake betont: "Beide Seiten, die deutsche und die chinesische, haben ihre eigene technische Stärke. Wir wollen zusammen den internationalen Markt erschließen."