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Niersbach: "Das Potenzial zum Titel ist da"

Joscha Weber20. Juni 2014

Auch den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes hat der WM-Start des deutschen Teams beeindruckt. Wolfgang Niersbach traut der Elf von Bundestrainer Löw nun auch den WM-Sieg zu, sagt er im DW-Interview.

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Wolfgang Niersbach beim Spiel der Fußball-WM-Qualifikation Deutschland - Österreich (Photo: Andreas Gebert/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Wolfgang Niersbach, welcher Eindruck des Portugalspiels ist bei Ihnen hängen geblieben?

Wolfgang Niersbach: Ich habe keinen anderen Eindruck gehabt als die Menschen, die in Deutschland auf den Straßen gefeiert haben. Es war grandios! Wir hätten uns keinen besseren Start malen können, wie ihn die Mannschaft in der Realität hinbekommen hat. Und das gegen einen Gegner, der auf Platz drei der Weltrangliste steht. Während des Spiels kam mir ein Gedanke: Das ist so wie bei der WM 1990 in Mailand das erste Spiel gegen Jugoslawien. Eben habe ich mit Franz Beckenbauer telefoniert, der hatte den gleichen Gedanken. Die Parallele drängt sich auf. Auch damals war es eine 50:50-Situation mit einem starken Gegner und wir wussten nicht so richtig, wo wir stehen. Damals hat uns dieser tolle Start relativ weit getragen. Darauf hoffen wir hier wieder, ohne dass die Gefahr besteht, dass wir abheben.

Damit legen Sie die Messlatte ziemlich hoch. Welches Potenzial steckt denn in der deutschen Mannschaft?

Das Potenzial ist zweifellos da, um ganz weit zu kommen. Die Klasse und Qualität und vor allem auch der Teamspirit sind vorhanden. Das war auch in der Kabine zu spüren, dass es da keinen Unterschied gibt zwischen dem dreifachen Torschützen Thomas Müller und den Ersatzspielern Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler. Das ist ein Team aus 23 Spielern. Wenn man sieht, mit welcher Begeisterung die Ersatzspieler bei Toren von der Bank hochgesprungen sind, ist das schon sehr schön. Das braucht die Mannschaft - aber sie braucht auch Glück. Für die Portugiesen ist in diesem Spiel alles Pech zusammengekommen: Elfmeter, Platzverweis, Verletzung. Im Fußball liegen diese Dinge oft dicht beieinander.

Der nächste Gegner heißt Ghana und spielt physisch deutlich robuster als die etwas müde wirkenden Portugiesen. Was erwarten Sie für eine Partie gegen Ghana?

Das ist eine ganz anders gelagerte Aufgabe. Ich brauche aber gar nicht nachzufragen bei den Trainern. Ich weiß, dass auch dieser Gegner sehr akribisch beobachtet worden ist. Der Bundestrainer wird auch in diesem Spiel das richtige Mittel finden. Wir sind Favorit, ganz klar. Aber bei der WM 2010 als Mesut Özil in Johannesburg das 1:0 gegen Ghana machte, war es verdammt eng. Das war ein Nervenspiel nach der Niederlage gegen Serbien. Die Mannschaft wird nun aber befreiter und selbstbewusster auflaufen können.

Wie ist Ihr Eindruck von der WM-Stimmung im Land: Ist Brasilien jetzt richtig im WM-Fieber?

Ich hatte das Los, die ersten Tage in Sao Paolo zu sein. Dort war kaum WM-Stimmung spürbar. Ich habe kaum Flaggen und Dekorationen gesehen und auch keine Menschenmassen. Vielleicht ist die Stadt dafür auch zu groß. Aber in den Stadien ist die Stimmung sehr gut und die Qualität der Spiele, die ich gesehen habe, ist sehr hoch. Nur ein einziges 0:0 zwischen Iran und Nigeria. Was die Stimmung betrifft, haben wir vielleicht immer die WM 2006 in Deutschland im Hinterkopf, als die Atmosphäre aus den Stadien bis in den letzten Winkel der Republik überschwappte. Da fehlt mir hier der Überblick. Aber zumindest hier in Santo André fühlt man sich wie im WM-Paradies.

Wolfgang Niersbach ist seit März 2012 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der mit seinen gut 6,8 Millionen Mitgliedern als größter nationaler Einzelsport-Fachverband der Welt gilt. Nachdem er beim Sport-Information-Dienst (SID) als Sportjournalist gearbeitet hatte, wechselte er 1988 als Pressechef zum DFB, wo er 2007 Generalsekretär wurde. Als DFB-Präsident legt Niersbach großen Wert auf die Förderung von Nachwuchs- und Breitensport im deutschen Fußball.