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Letzte Hoffnung Justiz

Thomas Mösch23. April 2007

Die Wahlwoche in Nigeria wurde von zahlreichen Gewalttaten begleitet. Am Tag nach der Wahl ist nun die Debatte über die Qualität der Wahl in vollem Gange.

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Wahlkampfplakat von General Muhammadu Buhari, der mit dem Slogan "Integrity, Discipline, Proven Performance" für sich wirbt. Quelle:AP
Wahlkampfplakat in NigeriaBild: AP

Etwa 61 Millionen waren am Samstag (21.4) aufgerufen, die politische Führung Nigerias neu zu bestimmen. Bereits vergangenen Samstag (14.4) fanden im bevölkerungsreichsten Land Afrikas die Gouverneurswahlen statt. Innerhalb dieser Woche sind mindestens 200 Menschen getötet worden berichten EU-Beobachter. Wie nigerianische Zeitungen schreiben, starben alleine am vorgestrigen Wahltag 16 Menschen. Die Wahlbeobachter der EU hatten jedoch nicht nur Gewalt, sondern auch andere Unregelmäßigkeiten kritisiert.

Der Vorsitzende der Nationalen Wahlkommission, Maurice Iwu, zog am Sonntag (22.4.07) eine insgesamt positive Bilanz des Wahltags. Die Abstimmung sei frei und fair gewesen und werde als historisches Datum in die Geschichte des Landes eingehen. Abgesehen davon, dass die Wahl in einigen Wahllokalen zu spät begann, weshalb eine Verlängerung erlaubt wurde, sei es zu keinen größeren Vorfällen gekommen.

Die zum Teil drastischen Verspätungen begründete Iwu mit dem Nachdrucken der Wahlzettel für die Präsidentschaftswahl. Das sei ein Notfall gewesen, weil der Oberste Gerichtshof erst am Montag (16.4.) überraschend Vizepräsident Atiku Abubakar zur Wahl zugelassen habe. Vor dem Gerichtsurteil hatte Iwu allerdings wiederholt behauptet, für alle Fälle gerüstet zu sein, so dass es keine Verzögerungen geben würde.

"Keine ordentliche Wahl"

Die größte einheimische Wahlbeobachter-Organisation, die "Transition Monitoring Group" (TMG), will das Gerichtsurteil auch nicht als Entschuldigung gelten lassen. 10.000 Wahlbeobachter der TMG haben überall im Lande erhebliche Verstöße notiert, berichtete am Sonntag deren Vorsitzender Innocent Chukwuma. An vielen Orten könne wegen der erheblichen Verspätungen nicht von einer ordentlichen Wahl gesprochen werden, kritisierte Chukwuma.

Unvollständige Wahlzettel und das Fehlen von Wahlkabinen seien weitere Probleme gewesen. "All dies nimmt dem ganzen Projekt die Glaubwürdigkeit. Wir haben gleiches 1999 und 2003 beobachtet. Jetzt müssen wir uns fragen, ob wir diese Farce weiter als Wahl bezeichnen wollen oder ob wir eine wirkliche Wahl wollen. Deshalb weisen wir die Ergebnisse der Wahl vom 21. April zurück", so Chukwuma.

Offenbar sei die Wahlkommission überhaupt nicht in der Lage gewesen, die Wahl vorzubereiten. Es sei eine Mischung aus Inkompetenz der schlimmsten Art und aus absichtlicher Manipulation gewesen, mit dem Ziel bereits beschlossene Ergebnisse zu fabrizieren, sagt Chukwuma. Er fordert, dass die Nationalversammlung nun schnellstens zusammenkommen solle, um einen Ausweg aus der Lage zu finden.

Internationale Wahlbeobachter zurückhaltend

Ein Mann sitzt auf einer Mauer und lässt die Beine baumeln. Hinter ihm an der Wand hängen Wahlplakate in Fetzen. Quelle: AP
Ein Obdachloser sitzt vor den Resten der WahlplakateBild: AP

Auch die beiden wichtigsten Oppositionskandidaten, Muhammadu Buhari und Atiku Abubakar, haben die Wahl vom Sonntag als Farce bezeichnet. Abubakar nannte die Wahl die schlimmste, die das Land je erlebt habe. "Es gab eine symbolische Wahl in den Hauptstädten der Bundesstaaten. Darüber hinaus gab es nirgendwo eine Wahl. 70 bis 80 Prozent der Nigerianer leben aber in diesen Regionen. Wenn man nun diese ihres Wahlrechts beraubt, welche Art von Wahl wurde dann abgehalten?" fragt Abubakar. Er kündigte ein Treffen mit anderen Oppositionsparteien an, um ein gemeinsames Vorgehen zu besprechen.

Abubakar setzt all seine Hoffnungen in die Justiz. Der Hauptfavorit für das Präsidentenamt, Umaru Yar’Adua von der regierenden Demokratischen Partei des Volkes (PDP), hat dagegen angekündigt, das Ergebnis auf jeden Fall zu respektieren. Internationale Wahlbeobachter, bemängeln zwar Unregelmäßigkeiten, äußern sich bisher jedoch zurückhaltend dazu, ob die Wahlergebnisse den Willen des nigerianischen Volkes widerspiegeln können. Die nur 17 Personen starke Beobachtergruppe des Commonwealth lobte die Wahlkommission am Sonntag dafür, dass es gegenüber den Regionalwahlen durchaus Verbesserungen bei Sicherheit und Organisation gegeben habe. Bewerten wollte Delegationsleiter Joseph Warioba aus Tansania die Wahl jedoch noch nicht. Bis jetzt habe man nur die Stimmabgabe beobachtet, aber die Zusammenführung und Veröffentlichung der Ergebnisse sei noch nicht abgeschlossen.

Offizielle Ergebnisse wurden unterdessen bis Sonntagabend in Abuja nur für das Hauptstadt-Territorium verkündet. Demnach siegte dort bei der Präsidentenwahl Muhammadu Buhari vor Umaru Yar’Adua. Aus dem Niger-Delta werden derweil mit über 90 Prozent wieder ähnliche Super-Ergebnisse für die regierende PDP gemeldet wie vor vier Jahren. Beobachter sehen dies allerdings eher als weiteren Hinweis auf massiven Wahlbetrug.