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Nobelpreis an deutschen Physiker und zwei Amerikaner

9. Oktober 2001

Der deutsche Wolfgang Ketterle sowie die US-Forscher Eric Cornell und Carl Wieman erhalten den Physik-Nobelpreis für die Entdeckung eines neuen Aggregatzustandes.

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Erhält den Physik-Nobelpreis: Wolfgang KetterleBild: AP

Die Forscher "haben Atome dazu gebracht‚ unisono zu singen", heißt es in der Begründung des Nobel-Komitees. Die wissenschaftliche Sensation war den Wissenschaftlern Cornell und Wieman bereits vor sechs Jahren gelungen. Sie kühlten das Gas Rubidium fast bis auf den absoluten Temperaturnullpunkt von minus 273 Grad Celsius ab. Das estaunliche Ergebnis war, dass die sonst wild durcheinander wirbelnden Gasatome, plötzlich ordentlich im Takt schwangen. Die Forscher hatten das Bose-Einstein-Kondensat (BEC) erzeugt. Neben fest, flüssig, gasförmig und dem Plasma gilt das BEC als neuer Aggregatszustand, der von Experten als "Heiliger Gral der Quantenphysik" gefeiert wurde.

Atome im Kälteschock

Die Bezeichnung BEC geht auf den indischen Physiker Satyendra Nath Bose zurück, der schon 1924 wichtige theoretische Berechnungen über Lichtpartikel anstellte. Bose schickte seine Ergebnisse an Albert Einstein, der erstmals die Idee äußerte, Atome mit einem Kälteschock lahm zu legen und in einen magnetischen Käfig zu sperren. Er vermutete, dass sich bei einer extremen Temperatursenkung alle Atome in einem Gas im niedrigst möglichen Energiezustand ansammeln würden. Der Prozess ähnelt der Bildung von Flüssigkeitstropfen in einem Gas und wird deswegen Kondensation genannt.

Laserstrahl aus Materie

Unabhängig von Cornell und Wieman forschte Kettler an dem BEC, jedoch nicht mit Rubidium- sondern mit Natriumatomen. Der 43-jährige gebürtige Heidelberger schaffte es 1997, einen kleinen Strahl von BEC-Tropfen zu generieren. "Das kann als ein Anfang zu einem ‚Laserstrahl‘ mit Materie anstelle von Licht gesehen werden", schreibt das Nobel-Komitee in seiner Laudatio. Besonders die Experimente der Forschungsgruppe Kettelers, der nicht in Deutschland, sondern am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA arbeitet, könnten wegweisend für die Entwicklung des so genannten Atomlasers sein. Statt Licht sendet dieser die im Gleichtakt schwingenden Materiewellen des BEC aus. Der Atomlaser könnte kleinste Strukturen mit bisher unerreichter Präzision aufbauen, wovon beispielsweise die Nanotechnologie und Computerindustrie profitieren würden. Mit der Entdeckung des neuen Materiezustandes seien "revolutionäre Anwendungen von BEC in der Lithografie, der Nanotechnologie und der Holografie in greifbare Nähe" gerückt, erklärte das Nobelkomitee. Mit Wolfgang Ketterle wird das vierte Mal in Folge ein deutscher Wissenschaftler ausgezeichnet, der in den Vereinigten Staaten forscht.