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Noch etwas Tee?

Marcus Bösch25. September 2003

Revival hin – Revival her. Die Salonkultur feiert ein modernes Comeback. Den (Tanz-)Tee dazu servieren vier junge Hamburger. Probieren Sie doch mal ...

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Zurück in die 1920er JahreBild: DHM

Erst mussten wir uns in kneifende Schlaghosen zwängen, Monsterkoteletten kultivieren und überdimensionierte Sonnenbrillen spazierentragen. Dann folgte ein schwingender Schlenker in die 1960er Jahre. Und schließlich eine Neuauflage fast aller Irrungen und Wirrungen der 1980er Jahre. Langsam aber sicher scheint die große Revival-Welle nun abzuebben. Oder hat noch irgend jemand Lust auf ein 1990er Revival? Findige Vorreiter sind unterdessen längst wieder am Anfang des 20. Jahrhunderts angekommen. Und haben dort die Teehauskultur der 1920er Jahre wiederentdeckt.

Goodbye Starbucks

Während die halbe Welt noch täglich zu "Starbucks" rennt. Und der obligatorische Latte Macchiato inzwischen auch im letzten Winkel der zivilisierten Welt im Glas serviert wird –setzen urbane Modernisten schon längst auf eine frische Tasse Tee. Pop-Musiker Moby hat es vorgemacht. Denn der passionierte Teetrinker hat in New Yorks Lower East Side eine Teestube eröffnet. Dort reicht er zu vegetarischen Snacks eine Auswahl von knapp einhundert Teesorten. Was Moby wahrscheinlich noch nicht weiß: Die smartesten Tees kommen im Moment von einer kleinen Firma aus Hamburg. Name: Samova. Anliegen: Leckeren Tee populär machen.

Komponist Moby
MobyBild: AP

Angefangen hat alles wie so oft am Frühstückstisch. Im März 2002 sitzen vier Freunde und ausgewiesene Teetrinker zusammen. Eine Kanne mit heiß aufgegossenem griechischen Bergkraut dampft in ihrer Mitte. Und nur wenig später schon gründen Esin Rager, Stefan Müller, Heinrich Paravicini und Johannes Plass ihre Teemarke "Samova". Und der leckere Bergkraut-Tee landet als Apollo´s Light" im Sortiment. "Moderne Teekultur und unkonventionelle Veranstaltungen" haben sich die vier, die alle im Medien- und Kommunikationsbereich tätig sind, auf ihre Fahnen geschrieben.

Lazy Daze oder Speak French

Tasse Tee
Eine Tasse englischen Tees mit MilchBild: Freefoto

Was unter "moderner Teekultur" zu verstehen ist, zeigt sich beim Blick in das Sortiment. Denn mit dem kleinen Teelädchen an der Ecke oder dem Schlabberpulli-Image eines diskursfördernden Mate-Tees hat Samova rein gar nichts gemein. Teesorten heißen hier nicht "Bunte Wintermischung", sondern "Orange Safari", "Speak French" oder "Lazy Daze". Der Tee kommt nicht in der zerknitterten Papiertüte daher, er ruht in mehrfach Design-prämierten Blechbüchsen und ist bei Bedarf in einer schmucken Holzkiste gebettet.

Samova Teeglas
Samova TeeglasBild: Samova

"Am Anfang war das ganze Projekt ja überhaupt nicht auf kommerziellen Erfolg angelegt", erzählt Esin Rager im Gespräch mit DW-WORLD. Aber inzwischen kommt die kleine Firma kaum noch mit dem Verkauf nach. "Bestellungen erreichen uns inzwischen aus ganz Europa. Insbesondere die Schweizer scheinen ein Faible für guten Tee zu haben", sagt Rager. Und spätestens seit das Einrichtungshaus "Habitat" den Tee entdeckt hat und das britische Kompetenz-Lifestyle-Magazin "Wallpaper" über Samova berichtet, häufen sich Anrufe und Bestellungen..

X-Beine schütteln

Live und in echt erleben, kann man die neue Tanzteekultur inzwischen auch bei zahlreichen Veranstaltungen – ganz ohne Seniorenflair. Auch Samova veranstaltet regelmäßig Tanztee-Partys in Hamburg und Berlin. Wer denn da hingeht? "Gemischt", sagt Esin Rager: "Auf jeden Fall geht es nicht irgendwie arrogant zu." Charleston wird bei den Veranstaltungen, laut Rager, zwar nicht getanzt. Aber als Programmpunkt am Sonntagnachmittag scheint der Tanztee auch im dritten Jahrtausend bestens geeignet. Und wie sieht es mit weiteren Trends aus? Was kommt nach dem Tanztee? Abwarten und Tee trinken. Aber einen guten.