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Kompromisssuche

Peter Philipp21. November 2007

Die Präsidentschaftswahl im Libanon ist erneut verschoben worden, nächster Termin ist Freitag, wenn auch die Amtszeit von Präsident Lahoud abläuft. Gibt es keinen Nachfolger, droht ein Machtvakuum.

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Libanons Präsident Emile Lahoud (Archiv), Foto: AP
Wird das Parlament diesmal einen Nachfolger für Lahoud finden?Bild: AP

Nach zwei vergeblichen Versuchen, einen neuen Präsidenten zu wählen, wurde der dritte Termin für den 21. November festgelegt. Aber auch dieser Termin wurde erneut verschoben: auf den 23. November. Es war die letzte Möglichkeit, auf verfassungsmäßig korrektem Wege einen Nachfolger für Emile Lahoud zu wählen. Dessen Amtszeit geht in drei Tagen zu Ende, dann darf die Regierung einen amtierenden Präsidenten benennen. Aber mit solch einem Schritt droht die Kluft zwischen Regierung und Opposition sich weiter zu vertiefen und die Spannungen im Libanon könnten in der Folge wieder in offene Gewalt ausarten.

Libanons Regierungschef Fuhad Siniora, Foto: AP
Die prowestliche Mehrheit von Regierungschef Siniora schmilztBild: AP

Gescheitert sind die bisherigen Versuche einer Wahl an der Unfähigkeit von Regierung und Opposition, sich auf einen Kompromiss-Kandidaten zu einigen. Im Gegensatz zu anderen Staaten legt man im Libanon Wert auf einen solchen Kompromiss und will es nicht auf Kampfabstimmungen ankommen lassen, zumal das Kräfteverhältnis im Parlament bekannt ist, sich nicht mehr in letzter Minute ändern und damit den Sieg eines von der Regierung favorisierten Kandidaten sicher stellen dürfte.

Syrien verliert an Einfluss

Die Opposition - in erster Linie die schiitische “Hisbollah” und der christliche Ex-General Michel Aoun (der selbst gerne Präsident würde) - wollen sich mit einem Sieger aus dem Regierungslager nicht abfinden und sie gefährden dadurch erneut den innenpolitischen Frieden im Lande.

Der Syrien-kritischen Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri, Foto: AP
Die Ermordung Hariris 2005 führte zur Bildung einer prowestlichen KoalitionBild: AP

Als die ursprünglich festgesetzte Amtszeit des libanesischen Präsidenten Emile Lahoud im Herbst 2004 zu Ende gehen sollte, da ließ Syrien die Muskeln spielen und erzwang eine Verfassungs-Änderung durch das libanesische Parlament, nach der die Amtszeit um drei Jahre verlängert wurde. Diese drei Jahre laufen jetzt ab und Syrien ist nicht mehr mit Truppen im Libanon präsent. Es kann diesen Staat deswegen nicht mehr wie einen Teil seines eigenen Territoriums behandeln - als den Syrien den Libanon auch heute noch betrachtet.

Pro-westliche Mehrheit bröckelt

In den drei Jahren hat sich auch innenpolitisch einiges geändert: Nach der Ermordung des Syrien-kritischen Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri Anfang 2005 hat sich eine Koalition aus westlich orientierten Christen, Sunniten und Drusen zusammengefunden, die mit Ministerpräsident Fuad Siniora versucht, den Libanon aus der nahöstlichen Verstrickung herauszuführen, unter der er so lange so sehr gelitten hatte: Israelische Einmischung aus dem Süden - bis hin zum offenen Krieg (wie im letzten Jahr), syrisch-iranische Einmischung aus dem Osten und dazu noch interne Querelen jeder Art - bis hinein in das christliche Lager, das heute nicht mehr geeint auftritt wie in der Vergangenheit.

Bombenanschlag vom 19. September 2007, bei dem Antoine Ghanem getötet wurde, Foto: AP
Immer wieder werden prowestliche Politiker getötetBild: AP

Die Koalition hinter Regierungschef Siniora verfügt nur noch über eine dünne Mehrheit der 128 Mandate. Weil die schiitische “Hisbollah” und die christlichen Anhänger von Ex-General Michel Aoun seit fast einem Jahr versuchen, die in ihren Augen zu pro-westliche (gemeint ist damit aber wohl eher: “anti-syrische”) Regierung zu stürzen. Bisher ohne Erfolg.

Aber ein weiterer Faktor untergräbt die Position der Regierung Siniora: Ihre Mehrheit schwindet dahin, weil immer wieder Mitglieder ihres politischen Lagers umgebracht werden. Das letzte Mal erst im September. Acht Politiker und diverse Sympathisanten seit Anfang 2005. Selbst der scheidende Präsident, Emile Lahoud, meinte schon misstrauisch: Jedes Mal, wenn man in Beirut Fortschritte machen wolle, komme es zu solchen Morden und der Normalisierungsprozess werde gestört. Seit September gab es nun keine Morde, Fortschritte hat man aber auch keine gemacht.

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