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Nordfront ohne Genehmigung

9. März 2003

Die USA und die Türkei verstärken ihre Vorbereitungen zum Aufbau einer irakischen Nordfront. Die türkische Armee verlegte Panzer in den Nordirak. Das US-Militär entlud weiteres Kriegsmaterial in türkischen Häfen.

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US-Truppen im Hafen von IskenderunBild: AP

Die USA haben am Sonntag (5.3.2003) die Aufstockung ihres Militärkontingents in der Türkei fortgesetzt. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, verließen zwei neue US-Konvois mit Material und Fahrzeugen den Hafen von Iskenderun mit unbekanntem Ziel. Fernsehbilder zeigten, wie in der Nacht das Schiff "Rokia Delmas" in demselben Hafen anlegte und wie die Fracht sofort ausgeladen wurde.

Offiziell geschieht dies zum Ausbau türkischer Häfen und Stützpunkte, wie der türkische Generalstab kürzlich bekräftigte. Das türkische Parlament hätte dies genehmigt. Bereits am Donnerstag (6.3.) hatten die US-Streitkräfte von Iskenderun aus Militärgerät an die türkisch-irakische Grenze verlegt. Aus einem Frachtschiff seien hunderte Geräte von US-Pioniereinheiten entladen worden, darunter Lastwagen, Rettungswagen, Planierraupen, Container und mobile Brückenbau-Elemente.

Verlegung von Panzern auf kurdisches Gebiet

Die türkische Armee steht den amerikanischen Soldaten nicht nach und hat am Sonntag (9.3.) Panzer in den Nordirak verlegt, berichtete der Nachrichtensender NTV. Die Panzer seien am Übergang Habur auf Sattelschleppern über die Grenze gebracht worden. Der Konvoi hat demnach unter strenger Bewachung von Sicherheitskräften der Demokratischen Partei Kurdistans die Kleinstadt Dohuk passiert und einen türkischen Stützpunkt auf nordirakischem Gebiet angesteuert. Über die genaue Zahl der Panzer machte der Sender keine Angaben.

Irritationen ...

Der türkische Parlamentspräsident Bülent Arinc zeigte sich angesichts der Truppenbewegungen irritiert. "Die Fernsehbilder stören mich ungemein", wurde Arinc in der Presse zitiert. "Sie lassen mir die Haare zu Berge stehen." Abgeordnete der Opposition, die sich ebenfalls "beunruhigt" gezeigt hätten, soll Arinc aufgefordert haben, die "Kontrollmechanismen des Parlaments" in Gang zusetzen.

Der US-Botschafter Robert Pearson traf sich am Sonntag (9.3.) mit dem Chef der Regierungspartei AKP, Recep Tayyip
Erdogan. Bei ihrem dreieinhalb Stunden langen Gespräch sei nicht über die Verlegung von US-Soldaten in die Türkei diskutiert worden, meldete die Nachrichtenagentur Anadolu. Es habe lediglich einen "sehr deutlichen und sehr offenen Meinungsaustausch gegeben, um einige Vorfälle in Ordnung zu bringen".

... und vorauseilende Reaktionen

Die US-Botschaft in Ankara hat bereits erklärt, bei der Aufstockung handle es sich um militärisches Material und Soldaten, aber nicht um Kampftruppen. Daher stünden die Vorbereitungen dem Parlamentsvotum vom 2.3.2003 nicht entgegen. Ursprünglich wollten die USA für einen Angriff auf den Irak 62.000 Soldaten in der Türkei stationieren. Trotz zäher Verhandlungen und finanzieller Versprechungen in Milliardenhöhe hatte das türkische Parlament dies abgelehnt.

Gerechnet wird inzwischen jedoch mit etwas ganz anderem: In der Türkei geht man davon aus, dass die islamisch-konservative Regierung in Ankara demnächst einen neuen Anlauf unternehmen wird, um den Amerikanern doch noch die Nutzung türkischer Stützpunkte und die Stationierung Zehntausender Soldaten zu ermöglichen. (arn)