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"Das war eines Rechtsstaates unwürdig"

16. Mai 2013

Der NSU-Ausschuss hat immer neue Abgründe aufgetan. Das Fazit der Obleute bei der letzten öffentlichen Sitzung ist vernichtend: Polizei und Nachrichtendienste haben komplett versagt und brauchen eine Rundumerneuerung.

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Blick in den Sitzungssaal des NSU-Untersuchungsausschusssbei dessen letzter Sitzung (Foto: dpa/ Stephanie Pilick) pixel
Bild: picture-alliance/dpa

Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat in seiner Abschlusssitzung nach mehr als einem Jahr Arbeit den deutschen Sicherheitsbehörden Totalversagen bescheinigt. Im Fall der rechtsextremen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hätten Polizei und Nachrichtendienste vorurteilsbeladen und mit Scheuklappen ermittelt, sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) in Berlin. Das war eines Rechtsstaates unwürdig. Und das darf sich nicht wiederholen." Edathy sprach von einem "multiplen" und "historisch beispiellosen" Versagen. Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern hätten sich nicht ausreichend ausgetauscht und die Gefahr durch den Rechtsextremismus massiv unterschätzt.

Einigkeit über Parteigrenzen hinweg

Die SPD-Obfrau Eva Högl sagte, die schweren Versäumnisse seien eine bittere Erkenntnis. Der Rechtsextremismus in Deutschland sei über Jahre flächendeckend verharmlost worden.Daraus müssen wir lernen." Die Linke-Obfrau Petra Pau sagte, bei der Aufarbeitung hätten sich viele Abgründe aufgetan. Der Grünen-Obmann Wolfgang Wieland sprach von einem "Totalversagen unserer Sicherheitsbehörden auf allen Etagen". Die Sicherheitsarchitektur habe sich im Fall NSU als "so tragfähig erwiesen wie eine Schuhfabrik in Kambodscha". Er betonte aber, der Ausschuss habe keinerlei Anzeichen dafür gefunden, dass staatliche Stellen die Terrorzelle bewusst gedeckt haben.

Komplettes Versagen der Sicherheitsbehörden

Die Obleute mahnten, die Sicherheitsbehörden müssten grundlegend reformiert werden. Auch in der Polizeiausbildung müsse sich viel ändern. Die detaillierten Schlussfolgerungen der Untersuchungen folgen im Abschlussbericht, der wohl mehr als 1000 Seiten lang wird.

Das Parlament hatte den Ausschuss am 26. Januar 2012 eingesetzt, um die Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle NSU zu untersuchen. Dem Trio werden zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn Morde zur Last gelegt - an neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und an einer Polizistin. Die mutmaßliche NSU-Terroristin und einzige Überlebende der Gruppe, Beate Zschäpe, steht derzeit in München vor Gericht. Nachrichtendienste und Polizei waren der Bande jahrelang nicht auf die Spur gekommen.

Barbara John: Beeindruckende Arbeit des Ausschusses

Opferbeauftragte fordert Institut gegen Rassismus

In der letzten Beweisaufnahme-Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses forderte die Ombudsfrau der Bundesregierung für die NSU-Opfer, Barbara John, weitreichende Konsequenzen aus den Versäumnissen im Fall der rechtsextremen Terrorzelle. John plädierte unter anderem für die Gründung eines Instituts gegen Rassismus. Sie verlangte interne Qualitätsstandards in den Sicherheitsbehörden, um etwas gegen die mangelnde Zusammenarbeit der Ämter zu tun. Außerdem warb sie dafür, alle Unterlagen des Untersuchungsausschusses zu archivieren und zur Weiterbildung und weiteren Auswertung zu nutzen.

qu/uh (dpa)