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Nullnummer in Miami

21. November 2003

Die Handelsminister aus 34 amerikanischen Staaten haben sich am Donnerstag (20.11.) in Florida geeinigt. Das Ergebnis: Die Bildung der gesamtamerikanischen Freihandelszone (FTAA) - oder was davon übrig bleibt.

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Verkauft Minimalkompromiss als Erfolg: Der US-Handelsbeauftragte Robert ZoellickBild: AP

Das Abkommen, mit dem der größte gemeinsame Markt der Welt - von Alaska bis Feuerland - geschaffen werden soll, wird voraussichtlich Anfang 2005 in Kraft treten. Die ursprünglich auf zwei Tage angesetzte Konferenz endete bereits am Donnerstagabend (20.11.), nachdem sich die Minister in einer Abschlusserklärung darauf geeinigt hatten, dass besonders sensible Themen aus dem FTAA-Abkommen ausgeklammert werden.

"Wir haben nun eine Struktur, die uns voranbringt", kommentierte der US-Handelsbeauftrage Robert Zoellick den Minimalkompromiss von Miami. "Ich denke aber nicht, dass irgendjemand die Herausforderungen der vor uns liegenden Aufgabe unterschätzt."

Die Konferenz in Miami war von zum Teil gewalttätigen Protesten von rund 20.000 Globalisierungsgegnern begleitet worden. Es kam dabei zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und einigen hundert Demonstranten, die versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen. Die Polizei setzte laut Fernsehberichten auch Tränengas ein. Mindestens 20 Demonstranten wurden festgenommen.

Zehn Jahre Verhandlungen

Die Idee der Freihandelszone war Ende 1994 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton und den übrigen Staats- und Regierungschefs des Kontinents - mit Ausnahme Kubas - auf einem Gipfel in Miami vorgestellt worden. Differenzen hatte es in den vergangenen Jahren aber vor allem zwischen den USA und Brasilien gegeben.

Die USA weigerten sich, das Thema Agrarsubventionen in das Abkommen aufzunehmen, die Brasilianer und andere Länder wollten Fragen des geistigen Eigentums, des Investitionsschutzes oder des öffentlichen Beschaffungswesens ausklammern. Das von den USA und Brasilien erarbeitete Kompromisspapier, von Kommentatoren als "FTAA light" verspottet, war von einigen Ländern sowie Vertretern der US-Industrie kritisiert worden. Viele Globalisierungsgegner betrachten das FTAA-Projekt als Versuch der USA, ihre Vorherrschaft auf dem amerikanischen Kontinent zu festigen. Sie glauben, dass die Abschaffung aller Schutzzölle Armut und soziale Ungleichheit in Lateinamerika verstärkt. Unter den Demonstranten am Donnerstag waren aber auch viele Mitglieder des US-Gewerkschaftsbundes AFL-CIO, die wegen der Marktöffnung die massive Abwanderung von US-Arbeitsplätzen nach Lateinamerika befürchten.

Brasilien gegen USA

Die Gründe für die Vorbehalte der Brasilaner gegen eine Freíhandelszone nach den Spielregeln der USA erklärt Wilhelm Hofmeister. Er ist Leiter des Studienzentrums der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rio de Janeiro: "Die anderen Länder haben kaum eine Industrie, die durch eine Öffnung ihrer Märkte in Bedrängnis käme. Denn das wäre ja das Angebot, das die Lateinamerikaner den USA machen müssen. Brasilien ist das wichtigste Industrieland Lateinamerikas und in Brasilien gibt es die größten Befürchtungen, dass man der amerikanischen Konkurrenz im Bereich Produktion aber auch im Bereich der Dienstleistungen noch nicht gewachsen ist."

Und so kann der brasilianische Außenminister Celso Amorim mit dem Kompromiss von Miami offenbar gut leben: "Ich verlasse Miami sehr zufrieden mit den Ergebnissen', sagte. Die Länder hätten zusammengearbeitet, um ein umfassendes, aber ausgewogenes Ergebnis zu erzielen. Kanada, Mexiko und Chile zeigten sich dagegen enttäuscht mit dem Minimal-Kompromiss von Miami. (jb/tko)