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"Nur meckern reicht nicht!"

Anna Lührmann7. September 2005

Anna Lührmann ist mit 22 Jahren die jüngste Abgeordnete im Bundestag. Für Bündnis 90/ DIE GRÜNEN arbeitete sie im Europa- und im Haushaltsausschuss. Meckern reicht nicht, findet sie. Anpacken muss man.

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Anna Lührmann fand schon in Schulzeit zu den GrünenBild: Christina Sieber

Mein Ziel ist ein selbst bestimmtes Leben für alle. Diese Vision ist Antrieb meines politischen Handelns. Ich stehe für eine gerechte Gesellschaft, die allen Zugänge zu Bildung und Arbeit ermöglicht. Und das nicht nur heute, sondern auch für künftige Generationen. Es ist noch ein weiter Weg zu einer gerechten Gesellschaft. Aber nur meckern reicht nicht! Meine Devise lautet: Aktiv werden und selbst mit anpacken!

Engagement schon in der Schule

Schon in der Grundschule habe ich mich deshalb in einem "Greenteam" und später in der Schülervertretung engagiert. So stieß ich auf die Grüne Jugend. Dort konnte ich auch als Schülerin etwas bewegen. Gerne habe ich deshalb in den nächsten Jahren mehr Verantwortung übernommen – unter anderem als Sprecherin der Grünen Jugend Hessen. 2002 bin ich dann direkt nach dem Abitur für Bündnis 90/DIE GRÜNEN in den Bundestag gewählt worden.

Hier bin ich in den vergangenen drei Jahren einige Schritte auf dem Weg zu meinen politischen Zielen gegangen. Gemeinsam mit anderen habe ich für eine Rente mit Zukunft gekämpft und unter anderem die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors erreicht - ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung unseres Rentensystems. Aktiv war ich auch für den Main-Taunus-Kreis. So ist es uns gelungen, den ökologisch und verkehrspolitisch unsinnigen Bau der B8-Ortsumgehung Königstein (Taunus) zu stoppen - ein Schritt zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik.

In Europa liegt die Zukunft

Als jüngste Abgeordnete hatte ich mich ganz bewusst für die Arbeit im Europa-Ausschuss entschieden. Denn ich war und bin überzeugt davon: In Europa liegt unsere Zukunft! Meine Freundinnen und Freunde studieren jetzt dank des Erasmus - Programms in Prag, in Warschau und in Rom. Für uns ist die europäische Zusammenarbeit nicht nur im privaten Alltag, sondern auch in der Politik selbstverständlich. Ich setze mich deshalb für ein Europa ein, das alle Menschen begeistert.

Um das zu erreichen, müssen alle verstehen können, was die EU bringt und wie sie Entscheidungen trifft. Die Europäische Verfassung ist ein wichtiger Schritt dahin. Nur leider liest sie sich wie ein Beipackzettel für eine Schlaftablette. Deswegen brauchen wir eine kurze und verständliche Verfassung, die sich auf das Wesentliche konzentriert: auf Ziele, auf Zuständigkeiten und auf Institutionen der Union. Darüber sollte in einem Referendum an einem Tag in ganz Europa abgestimmt werden.

Mehr für Bildung und Forschung tun

Um aus der momentanen EU-Krise herauszukommen, braucht es aber noch etwas mehr: ein soziales und ökologisches Europa. An dieser Vision muss die EU auch ihren neuen Finanzplan ausrichten. Momentan besteht die Hälfte des EU-Etats aus Subventionen für die Agrarindustrie. In Zukunft muss mehr für Bildung, Forschung, Jobs und Ökologie getan werden. Zudem brauchen wir harmonisierte soziale und ökologische Standards, um politische Gestaltungsspielräume in Zeiten der Globalisierung zurück zu gewinnen.

Als ich letzten Sommer in den Haushaltsausschuss wechselte, dachte ich: "Großartig, als Haushälterin hast du viel Einfluss und kannst eine Menge bewegen." Doch da hatte ich mich zu früh gefreut. Denn mehr als die Hälfte des heutigen Budgets wurde schon in der Vergangenheit ausgegeben! Steigende Schulden, Pensionen, der Rentenzuschuss und andere festgelegte Ausgaben beschneiden unsere politischen Handlungsspielräume. Und der demografische Wandel steht uns erst noch bevor. Daher wird sich die finanzielle Lage weiter verschärfen.

Prioritäten in die Zukunft setzen

Blinde Streichwut bringt uns nicht weiter. Haushaltspolitik in Zeiten knapper Kassen bedeutet für mich, klare Prioritäten für die Zukunft zu setzen. Daher kämpfe ich für mehr Geld für Bildung, Forschung, Kinderbetreuung und Umwelt. Die Kosten für diese Ausgaben dürfen aber nicht über Schulden auf künftige Generationen abgeschoben werden. Stattdessen brauchen wir mehr Einnahmen und weniger Subventionen.

Klar ist: es gibt noch viel tun. Grüne Politik ist sozial, aber sie ist kein "Wünsch-dir-was-Paket" auf dem Rücken künftiger Generationen. Wir wollen unsere Gesellschaft weiter modernisieren, aber es muss solidarischer dabei zugehen.